GERHARD BAUMGÄRTEL
DENK-KUNST UND BILDNERISCHES DENKEN
Kritik der Concept Art
Die Doppelbegriffe Denk-Kunst und bildnerisches Denken haben den Begriff DENKEN gemeinsam. Daß Denken und Kunst etwas miteinander zu tun haben, ist keine neue oder gar revolutionäre Erkenntnis. Es ist aber die Frage, und ich möchte untersuchen, inwieweit sich eine Kunst, welche das Denken ausdrücklich in den Mittelpunkt der Selbstdefinition stellt – etwas pauschal Concept Art genannt -, von einer ‘traditionellen’ Kunst abhebt, für welche Denken Voraussetzung und Bestandteil des Werkes ist. Werner Haftmann fand den Begriff BILDNERISCHES DENKEN. In seinem kleinen Klee-Buch spricht er von dem geistigen Ort,…, von dem aus eine Menschlichkeit ans Handeln gerät und schöpferisch wird durch den Einsatz einer besonderen Intelligenz, die ich das bildnerische Denken nennen möchte. Auch dieses bildnerische Denken ist ein Aneignungs-, Ordnungs-, Verwirklichungs- und Ausdrucksverfahren des ins Ganze der Welt gestellten menschlichen Geistes.’ (1.1) BILDNERISCHESDENKEN bezieht sich hier ausdrücklich auf Klee. Das heißt aber nicht, daß diesem Begriff eine so exklusive Bedeutung zu geben wäre. Haftmann schreibt am erwähnten Ort: ‘Dies Buch… will… die Legende zerstreuen, daß diese Kunst ein einmaliger und persönlicher Sonderfall sei, ohne Möglichkeit der folge, ohne exemplarischen Wert.’ (1.2) Vor nahezu einem Vierteljahrhundert geschrieben, hat dieser Satz auch heute noch Gültigkeit. So adäquat der Begriff BILDNERISCHES DENKEN Klees komplexes Denken erfaßt, fand und findet er in der Folge auch Anwendung auf Künstlertheorien schlechthin – mit Recht, doch nicht ohne Begrenzung. Und diese liegt in der näheren Bestimmung des Denkens als bildnerisches Denken, als Frage nicht nur nach dem Wesen der…