Helmut Middendorf
Die moderne Großstadt liefert die Sujets für Helmut Middendorfs großrahmige Gemälde und seine skizzenhafteren Arbeiten auf Papier. Der Künstler lädt ein zu einem Streifzug durch die nächtliche Megalopolis, führt uns, vorbei an bunkerförmigen Betonklötzen in bedrohlichem Schwarz vor nachtblauem Himmel, unter Brücken und Bahnhöfen hindurch in die ekstatische Welt der Diskotheken mit ihren jäh aufflammenden Lichtblitzen, ohrenbetäubenden Rhythmen und herumwirbelnden Menschenleibern. Fast immer ist es Nacht in seinen Bildern, und selbst wenn sie einmal vom Tageslicht beschienen werden, dann sind sie in einen schmutzig-fahlen Nebel getaucht, der so natürlich wirkt wie die Kloake, die man früher Bach oder Fluß nannte. Den Ton geben elektrische Gitarren und Congatrommeln an, die Farbe schafft das künstliche Licht der Großstädte, bald als Reflex, den der nächtliche Himmel zurückwirft, bald als gleisnerischer Lichtorkan der Tanzschuppen. Wie Lemuren bewegen sich die menschlichen Gestalten in diesem Kosmos, anonym, ohne jede physiognomische Prägnanz, ganz Körper, häufig in narzißtischer Selbstverliebtheit; und die wenigen Ausnahmen, die z.B. die Bilder “Stadtkopf” (1982) und “Denker” (1982), vergegenwärtigen ebenso wie das frühe Gemälde “Im UV-Licht” (1976) nur die Tatsache, daß es die Augen sind, welche die Impulse erfassen, mit deren Hilfe sich auch angesichts von Bildwerken jenes Körpergefühl einzustellen vermag, das in Middendorfs Gemälden und Zeichnungen die Musik auszulösen scheint. Farbe tarnt den kahlen “Stadtkopf” und den mit einem drahtigen Haarquast versehenen “Denker”, blau das Gesicht des einen, grün das des anderen, Verkörperungen bestimmter Attitüden eher als Individualitäten, jedoch beide mit stark betonten Augen. Middendorfs Bildsprache ist direkt, unkompliziert, effektvoll, bisweilen schrill,…