Ausstellungen: München · von Jörg Restorff
Ausstellungen: München , 1993

Jörg Restorff

Seit 1965 treibt der polnische Künstler Roman Opalka ein komplexes Spiel mit den natürlichen Zahlen, die er in fortlaufender Progression von eins bis unendlich auf die Leinwand schreibt. Jedes der im Standardformat von 196 x 135 Zentimeter dimensionierten Tafelbilder und der außerhalb des Ateliers angefertigten sog. “Reisekarten” (32,5 x 23,8 Zentimeter) – Opalka bezeichnet sie als Details eines übergreifenden Gesamtkonzepts (weshalb alle Arbeiten den gleichen Obertitel: 1965/1 – à tragen) – gehorcht demselben ehernen Gesetz der Zahlenserie. Durch die Struktur des Inauguralwerks von 1965 sind sowohl die folgenden als auch alle zukünftigen Details bis ins letzte determiniert. Eine von Roman Opalka selbst installierte Ausstellung des Münchner Lenbachhauses gibt einen Überblick über diese außergewöhnliche Erstellung einer Art absoluten Chronologie mit den Mitteln der Malerei.

Nach monochromen Präludien im Fahrwasser des “All Over” begann der 1931 in Frankreich geborene und dort heute auch lebende Künstler 1965, im Jahre Null seines jetzigen Schaffens, mit der Arbeit an seinem ersten Detail, indem er auf einer schwarz grundierten Fläche links oben mit weißer Acrylfarbe die Premierenzahl Eins eintrug. Mit winzigem Pinsel reihte er sodann beharrlich Zahl an Zahl, Zeile für Zeile – bis die Fläche lückenlos von Ziffern übersät war und die Zahl 35.327 als abschließender Pinselstrich in die untere rechte Ecke gesetzt werden konnte. Leicht auszumalen, wie es auf dem zweiten und auf allen weiteren Details weitergeht …

Der genormte Zählvorgang erfuhr jedoch 1972 eine leichte farbliche Nuancierung. Da Opalka seitdem den Untergrund von Detail zu Detail um je ein Prozent mehr Weiß aufhellt, ist…

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