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Titel: Zwischenbilanz II - Neue Deutsche Malerei · S. 68 - 69
Titel: Zwischenbilanz II - Neue Deutsche Malerei , 1983

Berlin

Kurzer Atem – Langer Atem
von Jeannot L. Simmen

Einen Erfolg zu bilanzieren, heißt immer auch die Schatten zu vernachlässigen, nur die Stars im grellen Scheinwerferlicht anzustarren. Stars produzieren Stress; jene nicht so schrillen Figuren oder Charaktere mit weniger Bandagen und Verdrängungsvermögen, sie wurden weggepustet und verschwanden nach einem kurzen Aufleuchten wie die Sternschnuppen. Weitere Folge: geil und geldgierig wurden all jene, die nie was Selbständiges entwickelten und als saloppe Trittbrettfahrer gerade mal eine malerische Kontur hinkriegten, um diese dann bunt und schrill handkoloriert oder auch geleckt auszupinseln. Die Stars produzieren auch Nachfolgerzwang, der schon neurotische Formen annimmt. Hat ein Student mal schlecht und recht den Vorkurs geschafft und zwei Semester lang leidlich gepinselt, dann drängt’s ihn heute dazu, das schnellfertige und schmale Opus der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das männliche Vorzeiggehabe des Pinsels feiert moderne Urstände. – Zugleich schafft das für Kunst lockergemachte Geld Freiräume. Kunst und Geld summiert sich nicht zu Kommerz und Tand, was durchaus für ein händlerisches Gespür spricht.

Berlins subversiv-realistische Malerei um 1980 steht jetzt im internationalen Rampenlicht. Was in Kreuzbergs-Hinterhof-Atelier (im Sommer überhitzt, winters klamm die Malerpranke) entworfen wurde, das hat heute Weltgeltung und wird gehandelt jenseits der unteren Schallgrenze von 10 Riesen. Zugleich im Erfolg ist das Fatale verknüpft. Was wurde gesagt, wo bleibt die Botschaft? – Berlins Heftige kannten weder Programm, noch Pamphlet; weder Kritik noch Proklamation. Vier Künstler bildeten ein Zweckbündnis, das nach Eintreten des absehbaren Erfolges sich nicht mit großen Worten auflösen mußte, da diese auch zu Anfang fehlten. Natürlich ist diese Malerei…

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