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Ausstellungen: Potsdam · von Marius Babias · S. 394 - 397
Ausstellungen: Potsdam , 1993

Marius Babias
Fontanelle

Kunst in (x) Zwischenfällen

Kunstspeicher, Potsdam, 26.6. – 5.9.1993

In der Potsdamer Zeppelinstraße, auf dem Weg zum Kunstspeicher, haben Thomas Kunzmann und Zissy Grunenberg eine Werbetafel mit dem Spruch plakatiert: “wir suchen eine Frau für Sexspiele zu dritt”, darunter ist die Telefonnummer des offiziellen Ausstellungsbüros angegeben. Auf dem Weg zurück nach Berlin wird dem Besucher von “Fontanelle” klar, warum die Künstler auf der politischen Dimension dieses anarchopubertären Statements beharren. Mit “Sexspiele” könnte die Ausstellung selbst gemeint sein und die ihr zugrunde gelegte Vorstellung, daß Kunst heute eine warmherzige Umarmung zwischen Ost und West, zwischen Kopf und Bauch, politisch korrekt und politisch korrupt sei. Auf die Kontaktanzeige hin hat sich freilich niemand gemeldet; dies ein Indiz für die sinnenfeindliche Stimmung im Osten?

Im Katalog dann die nächste Bescherung. Da schreiben Joshua Decter, Isabelle Graw und Jörg Schlick kunterbunt nebeneinander. Die Autor/innen Ute Meta Bauer, Jochen Becker, Sabeth Buchmann und Harald Fricke haben durchgesetzt, daß das Logo von Schlicks frauenfeindlicher “Lord Jim Loge” nicht abgedruckt wird. Aber muß auch noch, vom Ausstellungsmacher ausdrücklich gewünscht, die Begründung dafür publiziert werden? Das hat mit Transparenz nichts zu tun, das ist peinlich.

Dieser Vorfall sorgte im Vorfeld von “Fontanelle”, mit der Christoph Tannert seine Visitenkarte als zukünftiger Chef der Kunsthalle Potsdam abgab, für Unruhe und verlängerte sie in Form eines verquasten Neoliberalismus in die Ausstellung hinein. Marc Mayer, ein weiterer Katalogautor, qualifiziert daher den Rahmen von “Fontanelle” “als gleichermaßen naiv und beklemmend autoritär”.

Was ist also von einer Ausstellung zu halten, die all ihre Widersprüche zwanghaft zusammenrührt, bis…


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