Silke Müller
Backstage
»Eine Topologie zeitgenössischer Kunst«
Kunstverein in Hamburg, 10.9. – 24.10.1993
Backstage” – hinter der Bühne, jenseits von Glamour und großer Geste, in den Winkeln und Kammern statt auf den Brettern, die vorgeben, die Welt zu sein, sucht sich die Kunst neue Wege, in einen gesellschaftlichen Diskurs zu treten: Stephan Schmidt-Wulffen, Direktor des Kunstvereins in Hamburg, eröffnete am 9. September mit dieser Ausstellung nicht nur das neue Kunstvereins-Domizil in der umgebauten Markthalle, sondern auch einen harten Kampf gegen eine Kulturpolitik, die publikumswirksame Großereignisse als PR-Termine für Politiker inszeniert.
Auf leere Kassen, auf den Druck, an dem staatlichen Unternehmen Kunsthalle und der Deichtorhallen-GmbH gemessen zu werden, sowie auf eine tiefe Skepsis gegenüber junger, unbekannter Kunst von seiten der Kunstvereinsmitglieder und großen Teilen des Publikums reagieren Schmidt-Wulffen, Kuratorin Barbara Steiner und die 32 Künstlerinnen und Künstler mit Witz, Einfallsreichtum, Selbstironie und vor allem: Mut.
Im Zentrum der Ausstellung stehen die Selbstbefragung aller Beteiligten und die Suche nach neuen Strategien, Kunst zu ermöglichen und wirksam werden zu lassen. Kommunikation, Irritation, Rollentausch bestimmen den Rundgang durch Versorgungsräume, Lager, Keller, Direktorenzimmer und die beiden Ausstellungshallen.
Die Beiträge der Künstler entstanden größtenteils vor Ort in einem mehrtägigen Wettlauf mit den Handwerkern, die den Umbau des Gebäudes noch nicht abgeschlossen hatten. Eine mutige Entscheidung: Da viele sehr junge Künstler an der Ausstellung beteiligt sind und nicht alle mit einem fertigen Konzept angereist waren, war die Möglichkeit des Scheiterns Bestandteil des Gelingens.
“Backstage” darf jedoch getrost als Beweis dafür gelten, wie wirksam ortsbezogene und aus der Situation heraus entwickelte Operationen in die…