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Ausstellungen: Münster · von Rainer Unruh · S. 230 - 231
Ausstellungen: Münster ,

Münster
Esra Ersen

A Possible History
Konrad-von-Soest-Preis 2023

LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster 31.08.2023 – 10.03.2024

von Rainer Unruh

Sie kreisen um sich selbst, die 25 Tonköpfe auf ihren Drehtellern, aber es ist auch eine Bewegung, die Geschichten und Geschichte verbindet, den privaten Alltag mit den großen Strömungen der Zeit. Für die Installation Karussell (1998) hat Esra Ersen mit den Schülern eines Kölner Gymnasiums zusammengearbeitet. Sie stellte ihnen folgende Aufgabe: Versucht das, was euch durch den Kopf geht, wenn ihr das Wort „Türke“ hört, in Ton zu modellieren. Nun stehen die Ergebnisse dieses Experiments auf Tischen aus einem Klassenzimmer, und während man als Besucher um die raumgreifende Arbeit im Lichthof des LWL-Museums herumgeht, staunt man zunächst über die expressiven Qualitäten der Schülerarbeiten. Oben die scheinbar individuellen Köpfe, darunter die standardisierten Schulmöbel. Aber je intensiver man hinschaut, desto mehr wächst das Unbehagen. Schnurbärte, wohin man blickt. Reproduzierte Klischees statt eigenständiger Formen.

Solche Vorurteile haben Jahrhunderte überdauert. An einer Wand hängt die Kopie eines kolorierten Stichs von 1814. Sie zeigt Offiziere beim „Türkenkopfstechen“, einer in Wien beliebten Form des Vergnügens, bei der es darum ging, um als Türken ausstaffierte Puppen herumzureiten („Karussell“), bevor man ihnen mit einem Degen den Kopf abschlug. Vergleicht man die Physiognomie der Modelle aus dem 19. Jahrhundert mit den Gesichtern, die von den Schülern Ende des 20. Jahrhunderts geschaffen wurden, stellt man erschreckende Gemeinsamkeiten fest.

„A Possible History“ vereint neun Arbeiten von Esra Ersen aus den Jahren 1998 bis 2023. Die Retrospektive wurde der 1970 in Ankara geborenen und in Berlin lebenden Künstlerin…

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