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Ausstellungen: München · von Viola Michely · S. 407 - 409
Ausstellungen: München , 1999

Viola Michely
Intimes untertage gesichtet

Zur Ausstellung »Geschichten des Augenblicks/Moments in Time. Über Narration und Langsamkeit«
Lenbachhaus Kunstbau München, 28.4. – 13.6.1999

Der Kunstbau des Lenbachhauses unterhalb der U-Bahnstation Königsplatz ist ein idealer Ort für Projektionen, die das Dunkel brauchen. In diesem Untertagebau für zeitgenössische Kunst trifft unser Blick zunächst auf den Altmeister filmischen Nervenkitzels mit seinem prominentesten Beispiel “Psycho”. Auf einer großen Leinwand, die von beiden Seiten zu sehen ist, hat Douglas Gordon diesen Filmklassiker in voller Länge auf ein 24 Stunden Epos ausgedehnt. Der Titel dieses Films kündigt programmatisch das Genre Psychothriller an und verspricht Spannung und Psychogramm im Mikrokosmos Film, von definierter Länge. Ein Moment jagt den nächsten. Menschliche Schwächen, Kränkungen, Hemmungen, begierige Sehnsüchte lauern unter jeder abgelichteten Haut, lauern hinter jeder Bewegung, künden ihr gewaltsames Hervorbrechen an. Gordons “24 Hour Psycho” verspricht vor allem Permanenz, rund um die Uhr. Es ist weniger, daß einem dieser Film unerträglich lang und langatmig wird, sondern man kann sich einfach nicht vorstellen, wie die Menschen auf der Leinwand es so lange mit sich aushalten können. Nicht Langsamkeit oder die Auflösung des narrativen Filmverlaufs – um zwei Stichwörter des Untertitels dieser Ausstellung zu nennen – sind hervorstechendes Merkmal, sondern eine unausweichliche Intimität. Die Figuren sind so dicht an der eigenen Haut und erzeugen die Illusion, als ob die gedankliche Betrachtungsarbeit sie erretten könnte. Jedes wenn und aber einer noch so minimalen Handlung kann beim Betrachten austariert werden und führt doch zur Katastrophe, unaufhaltsam, unabänderlich. Aus dem Lot geraten ist die Spannung und wird…



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