Sigrid Schade
Renate Herter
Topographien eines anderen Gedächtnisses
Die in Berlin lebende Künstlerin Renate Herter hat sich in den letzten Jahren intensiv mit Fragen der Darstellbarkeit und der Inszenierung „unabgegoltener Vergangenheiten“ auseinandergesetzt. Zwei Installationen, die 1993 entstanden sind, zeigen, wie überzeugende künstlerische Lösungen aussehen können in einem Feld, in dem zumeist alles, was unter dem Begriff der „Spurensicherung“ gefaßt werden kann, schon als geglückte Vergangenheitsbewältigung und hohe Erinnerungskultur gilt. Das Sammeln von historischen – und das heißt meist einem ehemals zugewiesenen Gebrauch abhanden gekommenen – Gegenständen allein kann nicht deshalb schon als „anderer“ Umgang mit Gedächtnis- oder Erinnerungskonzepten angesehen werden, wenn es statt im Heimatmuseum im Kunstkontext geschieht.
Renate Herters „Spurenlese“ geht davon aus, daß dem überlieferten Material Lektüren vorausgingen, die zu Objekten geronnen sind, welche wiederum bestimmte Übersetzungen provozieren und andere ausschließen, spezifische Erinnerungen privilegieren und gleichzeitig andere damit verdrängen. Sie stellt sich mit ihren Installationen der Frage, die nicht nur eine der künstlerischen Bearbeitung sondern auch der Geschichtsschreibung selbst ist, wie, in welchen Medien sich Erinnerung herstellt und ob es möglich ist, in den bearbeitenden Lektüren solcher Spuren – und das sind in diesem Fall künstlerische Eingriffe – das Verdrängte dieser Spuren selbst zu thematisieren.
Die Ausstellungsprojekte, in deren Rahmen die Installationen von Renate Herter entstanden sind, hatten zumindest in einer Frage ein gemeinsames Anliegen: dem Konzept einer einsinnigen „Geschichte“ die Erzählungen vieler, anderer Geschichten entgegenzustellen, und zwar im Kontext einer jeweiligen historischen Topographie.
I – Depots der Erinnerung – Stimmen und Körper, 1993 Offenes Kulturhaus Linz
Diese Installation (Abb. 1) entstand im Rahmen…