Jean-Christophe Ammann
Udo Koch
Die Morphischen Felder
Udo Koch arbeitet mit Zwischenräumen. Es sind die Zwischenräume seiner Finger, jene der Blätter seiner Topfpflanze “Clivia” oder diejenigen der Wasserflaschen, die aneinandergereiht in seinem Atelier stehen. Diese Zwischenräume werden verzeitlicht. Das Material ist Gips. Würde allein auf die Hand bezogen der Raum zwischen den Fingern abgegossen, ergäben sich flache Formen mit seitlichen Einprägungen. Udo Koch hingegen bestimmt das Ende der Finger als Mittelachse für kreisrunde Formgebilde, die bald als leicht gekrümmte Scheiben, bald als Kegel (zum Beispiel der Raum zwischen Zeigefinger und Daumen) in Erscheinung treten. Die Gipsformen werden in Handarbeit mittels Drehen um die Mittelachse gemäß der Konfiguration der Fingerlinien modelliert. Diese Konfiguration zeigt sich im Prozeß der Verräumlichung als Zeitspur. Die vier derart geschaffenen Zwischenräume der Finger – also vier von der Form her verschiedene Gipselemente – sind dergestalt in einer einfachen Holzkonstruktion zusammengefügt, daß die Form der Hand mit gespreizten Fingern klar ersichtlich wird. Ja, es ist durchaus möglich, die eigene Hand einzuführen, dies um so mehr, als das Wandobjekt auf Handhöhe angebracht ist (Hand, 1988/89). Diese etwas umständliche Beschreibung scheint mir wichtig, weil hier ein Künstler nicht einfach von Zwischenräumen Besitz ergreift, sondern dem Betrachter vielmehr eine eigentliche Modellvorstellung vor Augen führt.
Die Verzeitlichung der Zwischenräume, nicht nur bedingt durch den zeitlichen Aufwand der Herstellung dieser Zwischenräume, sondern durch die Formbildung, die den Zwischenraum konstitutiv als Raum-Zeit-Gebilde versteht, ist eine Vorstellung, die völlig neue Qualitäten von energetischen Abläufen zum Ausdruck bringt. Es geht weder um den Abguß eines Zwischenraumes noch um…