Amine Haase
Unter bretonischer Flagge
»Mapping the Studio«
Die Fondation François Pinault zieht in Venedigs Punta della Dogana ein und zeigt ein weiteres Kunst-Kapitel im Palazzo Grassi
Es gibt einen Raum in den neu bezogenen Ausstellungshallen in Venedigs historischen Zollgebäuden, mit dem der neue Hausherr François Pinault Anstoß erregen könnte; in allen anderen Sälen erwartet man eher eine Liste der Preise als Emotionen. In der Mitte dieses Ausnahme-Raums sind sieben mit weißen Tüchern bedeckte Tote zu erkennen, lebensgroße Marmorskulpturen von Maurizio Cattelan, und an den Wänden hängen statuarische Mode-Fotografien von Hiroshi Sugimoto. Cattelan nennt sein Skulpturen-Ensemble von 2008 „All“, Sugimoto die Modellkleider-Serie von 2007 „Stylized Sculptures“. Der Zusammenprall der Werke dieser beiden Künstler könnte nachdenklich stimmen, er könnte anregen zu Reflektionen über Tod und Leben, über Kunst und Vergänglichkeit. Aber bis der Besucher zu diesem Raum gelangt, hat er bereits so viel an glatter Inszenierung marktorientierter Kunst gesehen, dass diese Gegenüberstellung der Marmor-Toten mit den Kleider-Fotos als blanker Zynismus erscheint. Der Vanitas-Gedanke dringt zudem so überdeutlich als Leitmotiv durch die Pinault-Sammlung und wird von den beiden Kuratoren Alison Gingeras und Francesco Bonami so strapaziert, dass er schon bald ermüdet.
Dass die für die Präsentation Verantwortlichen und die Direktorin Monique Veaute Missverständnisse einzelner Kunstwerke in Kauf nehmen, wenn nur die Inszenierung überwältigend ist, sieht man gleich zu Beginn eines Gangs durch die Dogana-Hallen. Ein raumhoher Perlenvorhang von Felix Gonzalez-Torres wird wie vor einen italienischen Pizzeria-Eingang gehängt – nur viel größer, natürlich. Die Arbeit aus dem Jahr 1992 heißt „Blood“ und wirkt so als Raumteiler…