Georg Jappe
“Was macht gewöhnliche Ereignisse so unerinnerbar?”
Grundsätzliche Betrachtungen haben etwas Antiquiertes bekommen, hilflos oder dogmatisch wird da etwas zusammengefaßt, was längst auseinandergestrebt ist. Der Wunsch, Ordnung zu schaffen, die Übersicht zu behalten, ist eine anthropologische Konstante. Aber Ordnung hat auch drohenden Charakter, und erst die Übersicht ermöglicht dem großen Bruder, dich zu sehen. Nun die Schatten der Atomtürme länger werden, ist das einzige gemeinsame Kulturphänomen, sich zu verkrümeln, sich nicht in den Griff (von der Polizei bis zur Theorie) kriegen zu lassen. In dieser Tendenz kommen sich Subkultur und “esoterische” Kunst immer näher.
Sprache und Kunst – ein weites Feld. Wenn nicht im Mittelalter oder Barock, wäre spätestens beim Schrifteinsatz der Futuristen zu beginnen bis hin zu Kosuth und Lawrence Weiner; bei der gesprochenen Sprache von den Dadaisten bis zu den Wortaktionen von James Lee Byars und den Sprach-Räumen von Acconci; Barrys Wortprojektionen, Spoerris Wörtlichnahme, Timm Ulrichs vertrackte Identitätsfallen, die philosophischen Satzbilder von Arakawa, Franz Erhard Walthers Diagramme und die Tafeln von Beuys samt seiner Theorie, Sprache sei eine Plastik; die Schlüsselposition von Marcel Broodthaers, wo Dinge und Begriffe, einander entarten, in der Poesie, als einer unsichtbaren vierten Dimension, überraschend neu zusammentreffen.
Und wenn sich hier auf das Verhältnis von Photo und Text beschränkt wird, so nur auf ein bestimmtes; die formale Ähnlichkeit der hier versammelten Künstler ist die Trennung von Photo und Text. Nicht berücksichtigt sind hier all die, die in Photos Texte einlassen, sei’s bewußt plakatmäßig wie Staeck, lyrisch verrätselnd wie Lothar Baumgarten, die lakonischen Glück-Postkarten von Tot, das…