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Titel: Kunstwerte - Markt und Methoden · S. 168 - 177
Titel: Kunstwerte - Markt und Methoden , 1989

Hans Ulrich Reck
Wenn Kunst zur Ware wird, ist Werbung Kunst?

Der Kunstmarkt blüht: Das heißt auch, daß Kunst zur selbstverständlichen Ware wird. Wir leben in der Epoche, in der Kunst als soziale Gebrauchsform von der Ästhetik des Widerspruchs abgelöst und dem Funktionalismus des bloßen Warenverkehrs zugeführt wird. An die Stelle der Ekeltechniken tritt die Pflege von Luxusgütern, an die einer antisozialen Subversion die markenstrategische Handhabung extrem spezialisierter Knappheitsgüter. Kunst ist dennoch kein übliches Warengut. Denn nur ein Teil des Handels setzt darauf, einen Mehrertrag zu erzielen. Die Kapitalisierung der Kunst wächst natürlich in dem Maße, wie Kultur zu einer ökonomischen Erfolgsbranche ausgebaut wird. Es bedarf dazu keiner Hoffnungsparolen; die These von der Kulturgesellschaft ist ein Reflex der Kapitalisierung und Monetarisierung vorher nicht ins Zentrum der gesellschaftlichen Arbeitsbewertung einbezogener Tätigkeiten. Die Rekordpreise, die von Auktionen gemeldet werden und die sich rhetorisch von keiner anderen Rekordmeldung an Banalitätskraft unterscheiden, belegen aber nicht einen kapitalistischen Realismus oder luxuriösen Zynismus. Kunstwerke sind Güter geworden, mit denen Gewinne – zum Beispiel über Eintrittsgelder und touristische Folgenverdienste – kalkuliert werden können. Das gilt insbesondere für die ästhetisch akzeptabel gewordenen Gründerhelden der Moderne, z. B. van Gogh. Dennoch gibt es auch für diese Art von Gegenständen Preisgrenzen. Dies fällt einfach zur Zeit (noch) nicht ins Gewicht. Kunst ist nie unschuldig gewesen an ihrer Vermarktung, sei diese monetär oder symbolisch. Es hat immer eine diskursive Ökonomie von Kunstleistungen gegeben. Ihr Bewährungspunkt war die Manipulation der für Öffentlichkeit wesentlichen Bildwelten, der visuellen Codes und Rhetoriken, der Formeln und Prägungen…


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