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Titel: documenta 8: Kunst auf dem Prüfstand · S. 79 - 91
Titel: documenta 8: Kunst auf dem Prüfstand , 1987

Michael Hübl
Wieder gesellschaftsfähig

Die Documenta als Zeitkritik
Honey and Money

»Also ich hatte den Eindruck, da muß so etwas sein wie ein Gehirn, wie ein Kopf, wo sich etwas oben staut und die Kopffunktion übernimmt, oben im Dach der documenta.«1 BEUYS 1977: Mit seiner Honigpumpe durfte er den Honeymoon feiern zwischen Kunst und Politik. Blutig war für Beuys der Beginn dieser Verbindung gewesen: Das Aachener Happening am 20. Juli 1964, bei dem es zu Tumulten kam und ein Student den damals 43jährigen Künstler mit Fäusten traktierte, wurde für Beuys zum »Auslöser eines Bewußtwerdungsprozesses, der immer mehr zu einer sehr bewußten politischen Haltung führte.«2 Kunst, Gesellschaft, Politik amalgamierte Beuys seitdem zu einem System, dessen umfassender Anspruch in Kassel 1977 die besten Entfaltungsmöglichkeiten hatte. Hier die »Freie Internationale Hochschule für Kreativität und interdisziplinäre Forschung e. V.« als Ort der Kontaktaufnahme, des Gesprächs, der Auseinandersetzung, ein Ort der Analyse und der Utopie; dort die Honigpumpe – ein Stück ‘dolce vita4, wie Beuys es sich vorstellte. Ein Leben, in dem sich der ‘ganze Mensch’ verwirklichen kann. Und so entsprachen denn die Teile der Honigpumpe dem Denken, dem Empfinden, der Bewegung und der Willenskraft. Die technische Einrichtung, in der das organische Material Honig zirkulierte, sollte ein Pendant sein zum (menschlichen) Blutkreislauf. Zugleich deutete Beuys auf den (gesellschaftlichen) Kreislauf von Kapital.

Honey gleich money war freilich nicht gemeint; Kapital stand für Kreativität: »Das eigentliche Kapital ist die menschliche Fähigkeit, und zwar jede, selbst die geringste. Denn die kann weiterentwickelt werden, aber nur dann, wenn sie und damit der…



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