Karlheinz Schmidt
Staeck, Starck oder Steak
“documenta 8” – von Innen
»Ich werde meinen Stoff schon finden. Und sei es, daß ich mich einfach hinter die Leute stelle und ihre diversen so oder so verzogenen Mäuler mit zu Protokoll nehme«, hatte der »documenta«-Schreiber Peter Rühmkorf vor dem Start der »documenta 8« erklärt. In der Tat gab es in Kassel genug verzogene, hämisch grinsende Mäuler zu sehen, wenn über diese umstrittene Mercedes- und Wurstmaschinen-Schau diskutiert wurde.
Die schiefste Physiognomie lieferte freilich Rühmkorf selbst: Beuys sei »ein Meister des Bluffs, ein Genie des Kundenleimens«, hatte er nach seiner Berufung im Kunstmagazin ART vollmundig verkündet – und wurde in Kassel prompt gemieden. Wie ein Falschgeldspieler schlich der Hamburger durchs Haus des Architekten Vladimir Nikolic, wo sich Insider, darunter Karl Ruhrberg und Harald Szeemann, am ersten »documenta«-Samstag schonungslos die Wahrheit sagten. Keine Sympathie für den prominenten Gast, kaum ein freundlicher Blick für den ersten »documenta«-Zensor, der sich zu Lebzeiten von Joseph Beuys lieber um Jazz, Lyrik und Whisky als um die bildende Kunst gekümmert hatte.
Was Wunder, daß ihm seine verspätete, übersäuerte Reaktion von der Szene übelgenommen wurde, »documenta«-Leiter Manfred Schneckenberger verurteilte Rühmkorfs allzu freimütiges Statement als »idiotisches Interview«. So war der »documenta«-Schreiber gut beraten, als er am 14. Juni, kurz nach der Ausstellungseröffnung, nicht zur Live-Sendung des Hessischen Rundfunks erschien, wenngleich er schon zugesagt hatte. Vor dem Fridericianum, wo Moderator Manfred E. Schuchmann die Waffen der Kritik ölte, mußten schließlich die Künstler Anna Oppermann und Klaus Staeck den HR-Sonntagsbraten würzen.
Peter Rühmkorf, der mittlerweile die Hälfte seines 10000-Mark-Preises…