Düsseldorf
Calling
Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen 24.06.– 10.09.2023
von Annelie Pohlen
Wo sich „… unter bestimmten Umständen, für bestimmte Menschen und in bestimmten Momenten … die spirituelle und dingliche Welt treffen, lösen sich die Grenzen zwischen dem Gebrauch und der Verehrung eines Objekts, zwischen gewöhnlichem und verändertem Bewusstseinszustand …“, so Katrin Bentele im Booklet zu der in den Kunstverein geladenen, schillernden Runde interagierender Artisten.
Auch wenn nicht alle Gäste gleichermaßen überzeugen, als Vision durchlässiger Passagen zwischen physisch greifbarer und fluider Wirklichkeit steht Calling auf nicht zu überschätzende Weise in der geistigen Tradition der Kunstvereine, die sich weder als Orte der Anbetung noch als Schauräume für die dem „gemeinen“ Volk unzugänglichen Trophäen der Märkte verstehen.
Was hier auf engstem Raum in vielerlei Konstellationen an Offerten mit der unwiderstehlichen Anmutung feierlicher Kunsttorten auf opulent ornamentierte Wandbehänge trifft, als magisch aufgeladener Baldachin über reich mit Wort- und Bildchiffren gefüllten Tagebüchern in einer Vitrine schwebt und gleich nebenan mit roh zusammengeklebten architektonischen Gebilden jenseits aller im Simulationsalltag geforderten Brillanz und schnödem Kinderspielzeugkitsch kollidiert, sprengt nicht nur formal die Erwartungen des vermeintlich gebildeten Geschmacks.
Dass die Auflösung der Grenzen zwischen Musik, Theater, Performance, Bild, Wort, Ton, Kulturforschung und Sozialarbeit den um intellektuelle Distinktion ringenden Kulturbürger aus der Fassung bringen kann, sei dahingestellt. Sie ist in den Biografien der Beteiligten angelegt.
Besucher und Besucherinnen, denen daran liegt, sich vor dem Start durch die überbordende Inszenierung auf eine strategisch effiziente Route einzurichten, könnte Melike Karas bridge ties, 2021, verlockend anmuten. Doch die unscharfen Bilder ihrer Vorfahren auf der Mobiliar suggerierenden Installation…
