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Titel: Heimat. Über ein ambivalentes Gefühl - 1 — Einführung · von Oliver Zybok · S. 46 - 65
Titel: Heimat. Über ein ambivalentes Gefühl - 1 — Einführung ,
Titel: Heimat. Über ein ambivalentes Gefühl - 1 — Einführung

Heimat – ein Widerspruch in sich?!

von Oliver Zybok

I. Heimat – von der Sesshaftigkeit zum Nomadentum

Der Begriff „Heimat“ ist geprägt von einer gewissen Unschärfe. Er ist ambivalent, weil er ideologisch missbräuchlich einsetzbar ist. Einerseits entfaltet er eine arkadische Qualität als Rückzugsort, als ein Raum, der zu Selbstreflexion motiviert, andererseits lässt sich „Heimat“ als Ideal formulieren, das zur Ausgrenzung und Diffamierung bis hin zum Genozid ausufern kann. Dies bezeugen die ideologischen Konflikte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihrer nationalistischen und rassistischen Politik auf bis dahin kaum vorstellbare Weise. Im aufkommenden Fernsehzeitalter der 1950er-Jahre verzeichnete das Genre des Heimatfilms vor allem in Deutschland einen regelrechten Boom, nicht zuletzt aus den Erfahrungen des verlorenen Zweiten Weltkriegs, durch den sich viele Menschen ihrer Heimat durch die geografische Neuordnung Europas beraubt fühlten, und die nun sehnsuchtsvoll in die Vergangenheit blickten. Auf einmal war sie wieder da, die Sehnsucht nach Idylle, die die Heimat kennzeichnet, wie sie im Biedermeier heraufbeschworen wurde: „Inhaltlich waren Gesellschaft und Idylle deckungsgleich gesetzt, das Bestehende wurde bejaht […]. Folgerichtig wurde die Bieder-meier-Idylle motivisch durch kleinbürgerliche Gärten – häufig samt Familie – visualisiert (z. B. in Werken von Leopold Graf von Kalckreuth, Max Liebermann oder Carl Spitzweg) oder sie wurde gänzlich in den engen häuslichen Privatraum verlegt: Die Idylle in der Topfpflanze bzw. Arkadien im Kleinformat (z. B. bei Eugène Antoine Durenne, Gotthardt Kuehl […]).“1

Doch bereits im 19. Jahrhundert hatten einzelne Künstler diese tradierten „heimlichen“ Idylledarstellungen durch Ironisierung aufgebrochen, wie Spitzweg: Das Gemälde „[d]ie ,Badenden Nymphen‘ [02] scheint alle Indizien…

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