München
Die Sonne um Mitternacht schauen
Gegenwartskunst aus dem Lenbachhaus und der KiCo Stiftung
Städtische Galerie im Lenbachhaus und im Kunstbau 29.09.2020–01.08.2021
von Jolanda Drexler
Just am 8. März, da sich der Internationale Frauentag zum hundertsten Mal jährt, beginnt die Rezensentin bestens eingestimmt über diese inspirierende Sammlungspräsentation im Lenbachhaus zu schreiben, die sich dezidiert feministische Kunst auf die Fahnen geschrieben hat. Jüngste Studien zeigen auf, dass die Corona-Krise vor allem zu Lasten der Frau gehe und die Geschlechtergerechtigkeit gar um 30 Jahre zurückgeworfen habe. Damit gewinnt die von Matthias Mühling und Eva Huttenlauch rundum gelungen kuratierte Schau über Frauen-Power an zusätzlicher Brisanz: 19 Künstlerinnen zeigen von den 1960er Jahren bis in die Gegenwart ihre gesellschaftskritischen Invektiven, aufgemischt durch das kanadische Männerkollektiv General Idea mit AA Bronson, die als Pioniere der konzeptuellen und medienbasierten Kunst Formate und Orte der Populär- und Medienkultur besetzten und zugleich untergruben. Verbissenen, staubtrockenen Feminismus sucht man vergebens in dieser Ausstellung, deren enigmatischer Titel einem Werkblock Katharina Sieverdings entlehnt ist. Schon eher erfolgen Aufklärung und Zivilisationskritik mit Humor, viel (lustvoller) Phantasie und hohem formalästhetischen Anspruch, was sie noch bei Weitem effektiver macht. Das Lenbachhaus hat schon früh das Potenzial feministischer Kunst erkannt, sie in Ausstellungen gezeigt und erworben – in der aktuellen Schau kann man auch erstmals Ankäufe und Schenkungen der letzten Jahre sehen. Häufig ist den einzelnen Künstlerinnen ein ganzer Raum gewidmet und viermal treten sie paarweise in stimmigen Dialog.
Das früheste Werk der Ausstellung stammt von Maria Lassnig, von der das Haus die größte Sammlung außerhalb Österreichs besitzt. Das…