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Ausstellungen: Berlin · von Peter Funken · S. 216 - 219
Ausstellungen: Berlin ,

Berlin
Kader Attia

J’Accuse
Berlinische Galerie / Museum für Moderne Kunst 27.04.– 19.08.2024

von Peter Funken

Kader Attia ist in Berlin kein Unbekannter. Seitdem er 2022 die 12. Berlin Biennale kuratiert hat, lebt der 1970 in Frankreich geborene Künstler zeitweise in der Stadt. In seiner Ausstellung zeigt er zwei große Werkkomplexe: Die bereits 2016 entstandene Installation J’Accuse sowie The Object’s Interlacing von 2020. Auch bei diesen Raumgreifenden Arbeiten geht es um „Repair“, sein Werk bestimmendes Konzept der „Reparatur“.

Es ist eine Konstante in seinem Werk, die er in Natur und Menschheitsgeschichte erkennt, besonders in Hinblick auf die Wunden des Kolonialismus, den daraus folgenden Identitätsproblemen und den oftmals ungelösten Fragen der Reparation entwendeter Kulturgüter. Mit J’Accuse („Ich klage an“) inszeniert Attia eine Situation aus bewegten und erstarrten Bildern: 17 Holzbüsten und 8 Skulpturen stehen einer elfminütigen Filmszene aus Abel Glances gleichnamigem Antikriegsfilm gegenüber. Noch während des 1. Weltkriegs 1917 / 18 entstanden, ist J’Accuse eine Ikone pazifistischer Filmkunst.

Seinem Expressionismus dramatischer Lichteffekte entspricht das Halbdunkel der Inszenierung Attias, ebenso die Grobheit der in Holz geschnittenen Porträtköpfe, sogenannter „gueules cassées“: wörtlich „Zerhauene Visagen“ von schwerst Gesichtsverletzten im 1. Weltkrieg, die es bei allen Kriegsparteien gab. Der Historiker Gerd Krumeich nannte sie „die größten Verlierer des Ersten Weltkriegs“. Für J’Accuse übersetzte Attia, dessen Eltern aus Algerien stammen, historische Fotos solcher Männer in Skulpturen und verwendete dafür afrikanisches Holz. Attia will mit diesem Vorgehen auch an den kaum thematisierten Umstand erinnern, dass im 1. Weltkrieg für Frankreich 440,000, oft zwangsrekrutierte Soldaten aus kolonisierten Gebieten kämpften. Im 2. Weltkrieg trennte…

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