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Titel: Das Gartenarchiv · von Ruedi Steiner · S. 226 - 227
Titel: Das Gartenarchiv , 1999

Ruedi Steiner

Der Irrtum von Louis Daguerre (1789-1851), dem Erfinder der Fotografie, mit nachleuchtenden Stoffen Bilder aufzuzeichnen, hat etwas Faszinierendes an sich. Nach ersten Versuchen mit heute konfektioniert erhältlichen Nachleuchtfarben in der Camera obscura habe ich meine Großbildkamera (4 x 5 Inch) anstelle von Filmmaterial mit Nachleuchtfolie bestückt und belichtet. Die so entstandenen Bilder lassen sich in der Dunkelkammer betrachten (als grünleuchtendes Positiv), verschwinden jedoch nach ca. zehn Minuten oder im erneuten Kontakt mit Licht. Der Vorgang des Verschwindens läßt sich nur schwer einem größeren Publikum zeigen. Daher habe ich diese leuchtenden Bilder im Kontaktkopierverfahren auf Diapositivmaterial übertragen.

Die oben geschilderte Technik der Bildentstehung verstehe ich als Transportvehikel einer künstlerischen Idee. Inhaltlich greife ich bei diesem Projekt ebenfalls auf Daguerre zurück. Dazu ein Zitat aus Frank Ludwig Nehers Büchlein “Die Erfindung der Photographie”: “Daguerres Lebensabend und Tod. Daguerre zog sich in das kleine Dorf Bry an der Marne zurück. Er pflegte seinen Garten. Da er an Plänemachen und lebhafte Tätigkeit gewöhnt war, entwarf er Gartenpläne. Er warb Arbeiter. In den freundlichen Dorfgarten ließ er Steine und Felsen fahren, er legte Grotten und Miniaturgebirge an, baute einen 20 Meter hohen Turm, eine Dunkelkammer, ein Maleratelier, eine Fabrik mit rauchendem Schornstein, eine zerfallene gotische Kapelle und die Ruine eines Schlosses, legte kleine Seen, Flüßchen und Wasserfällchen an und verbrachte in dieser selbstgeschaffenen künstlichen Welt den Rest seines Lebens.”

Es mag bezeichnend für Daguerre sein, daß er sich am Ende seines Lebens wieder eine Art Diorama einrichtete, eine künstliche Welt nur für sich selbst, nachdem er…

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