Rolf Lauter
Bill Viola
Von der Macht des Geistes
Bill Viola experimentierte seit den frühen 70er Jahren mit der Videokamera und untersuchte damals vor allem die diversen technischen Möglichkeiten dieses Mediums. Die Kamera diente ihm dabei vor allem als Beobachtungskamera, d.h. als “Objekt”, als das von außen wahrnehmende “objektive” Auge, mit dem er Ereignisse der sichtbaren Wirklichkeit und vor allem den Menschen beobachtete. Seit etwa 1976 konzentrierte er sich dann verstärkt auf die subjektive Wahrnehmung der sichtbaren äußeren sowie der unsichtbaren inneren Zusammenhänge der Welt, auf die Beziehungen zwischen Mensch und Natur, Mensch und Kultur, Mensch und Zivilisation sowie auf Fragen nach den Wirklichkeiten von Leben und Tod bzw. Leben vor der Geburt und nach dem Tod. Viola entwickelte mit dem Medium Video eine komplexe metaphorische Sprache, mit der er die Strukturen des Seins oder Daseins aufspürt und bewußt macht. Die Kamera wurde seither immer mehr zum “Subjekt”, d.h. zum inneren Auge des Künstlers, mit dem er beispielhafte Erlebnis- und Erfahrungsmomente auszudrücken versucht. Im Zentrum seines bildnerischen Handelns steht einerseits die phänomenologisch-ästhetische Aneignung der Außen- und Alltagswelt bzw. der Umgebung des Menschen allgemein mit den Mitteln des Videos, andererseits die Übertragung unsichtbarer Vorgänge im Menschen selbst, d.h. die Transformation der ästhetischen Erfahrung, des Erlebnisses, des Denkens und Fühlens, des Bewußtwerdens dieser Vorgänge und schließlich des Übergangs von der Wahrnehmung über das Bewußtsein zu den Bereichen der Erinnerung, des Gedächtnisses und des Traumes auf ein Video oder eine Video-Installation.
Viola möchte zeigen, daß sich Geistes- und Bewußtseinszustände als ein konzentrisch aufgebauter, aus vielen gleichzeitig…