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Kunstforum-Gespräche · von Heinz-Norbert Jocks · S. 364
Kunstforum-Gespräche , 2012

Carolyn Christov-Bakargiev
Das Erzählen als Wille zur Wahrheit

Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks

Carolyn Christov-Bakargiev, 54, die diesjährige Documenta-Leiterin, holt in dem Gespräch, das Heinz-Norbert Jocks mit ihr vor der Eröffnung in ihrem Büro in Kassel führte, weit aus. Sie lässt ihren Gedanken und Erinnerungen freien Lauf. Das Hin und Her Ihres assoziativen Denkens soll hier einen Vorgeschmack auf die Documenta und einen ersten Einblick ins Innere geben. Im nächsten Band werden wir mit einem kompletten kommentierten Bildrundgang, mit Essays und Interviews die Documenta ausführlich beleuchten.

***

Heinz-Norbert Jocks: Am Anfang unseres Gesprächs würde ich gerne mehr über Ihre Herkunft, besser Ihre Internationalität erfahren. Sie haben eine italienische Mutter, und Ihr Vater kam aus Bulgarien. Sie sind in Italien geboren, aber in Washington aufgewachsen, und Sie besuchten eine französischsprachige Schule. Daraus folgere ich, dass Sie durch verschiedene Kulturen gegangen sind und Ihr Sehen und Denken dadurch geprägt worden ist. Der Wechsel zwischen den Kulturen hinterlässt doch Spuren, oder?

CAROLYN CHRISTOV-BAKARGIEV: Ja, natürlich. Du wirst einsam, wenn viele verschiedene Geschichten deinen Hintergrund bilden, wenn du die Welt aus den unterschiedlichsten Perspektiven betrachtest und wenn du zwischen diversen Sprachen wechselst und mit vielen verschiedenen Literaturen vertraut bist. Dadurch ist man überall, wo auch immer auf der Welt, ein Ausländer oder ein Außenstehender. Nirgendwo ganz dazugehörig. Beispielsweise halten sie mich in den U.S.A. für eine Italienerin, und in Italien haftet mir etwas Amerikanisches an. Meine französische Seite, die von der Schule herrührt, hat hingegen etwas von einem Rätsel, welches nur wenige bewusst wahrnehmen. Dabei beruhen meine ganze Ausbildung…

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von Heinz-Norbert Jocks

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