Christian Kravagna
Der zerbrochene Spiegel
»Positionen zur Malerei«
Kunsthalle Wien und Museumsquartier im Messepalast 26.5. – 25.7.1993
Deichtorhallen, Hamburg, 14.10.1993 – 2.1.1994
Die mehr als 300 Fragmente des zerbrochenen Spiegels sind zu 100 Prozent rechteckig und zu 100 Prozent vertikal ausgerichtet. Ihre Substanz ist zu 87 Prozent aus Leinwand, zu 5 Prozent aus Holz, zu je ca. 2,5 Prozent aus Aluminium, Stoff und Karton, die Oberfläche zu 69 Prozent in Öl, 23 Prozent in Acryl sowie je ca. 2,5 Prozent in Tempera, Vernis und Liquitex. Nichts bestätigt besser als die Statistik, daß die Ausstellung das projektierte “relativ konventionelle Unternehmen” verwirklicht hat. Aber nicht nur die meßbaren Fakten legen nahe, auch das “relativ” fallen zu lassen, denn konventionell sind sowohl die Präsentationsweise (Werkgruppe neben Werkgruppe) als auch die Ausdrucksformen des Präsentierten (41 Prozent figurativ, 36 Prozent abstrakt, 5 Prozent konzeptuell, 17 Prozent unentschieden). Aber was heißt schon konventionell? Muß nicht erst “Konvention” bestimmt werden? Nähme man die Tradition der Avantgarde, so definierte sich Konzeption als permanenter Konventionsbruch. Rekurrierte man auf die modernistische Teleologie als schrittweise Annäherung an die letzte Wahrheit, so definierte sich Konvention als Eliminierung hemmender Trübungen und fortschreitende Reduktion aufs Elementare. Sich auf das Medium, die Gattung, als Konvention zu beziehen, wie die Kuratoren Kasper König und Hans-Ulrich Obrist es tun, heißt, den Begriff der Konvention aus der historischen Dimension herauszulösen und ihn im Metier zu verorten.
Die zentrale Kuratorenthese, wonach die Regelverletzung in der Moderne zur Regel geworden und inzwischen akademisch verankert wäre, ist Antrieb für die Frage, was innerhalb des Tafelbildes…