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Ausstellungen: Berlin · von Claudia Wahjudi · S. 348 - 349
Ausstellungen: Berlin , 1999

Claudia Wahjudi
Hommage an Wolf Vostell

Kunsthaus Berlin Friedrich Foundation, 9.5. – 4.7.1999

Der Betrachter sitzt mit im Boot. Wolf Vostells “Fine del Golfo” ist ein Schlauchboot, dessen speckiges Grau keinesfalls eine Paddelpartie verheißt, sondern sofort an Fernsehbilder von Flüchtlingen erinnert. Im Bootsinneren türmen sich Gasmasken auf Stelen und Gipsfüße gleich zerstörten menschlichen Wesen. Eine Kamera fängt den Betrachter ein und schickt sein Bild auf den Monitor im Boot, ist jedoch so eingestellt, daß der Betrachter, will er sich genauer ansehen, vom Bildschirm verschwindet. Er ist Teil des Dramas, doch sich selbst bei der Teilnahme zuzuschauen, ist ihm unmöglich. Wirklichkeit und Medienwirklichkeit sind zweierlei.

“Fine del Golfo” stellte Wolf Vostell 1991 fertig. Über dreißig Jahre hatte da der Fluxus-Aktionist, der in Berlin und Spanien lebte, zu politischen Ereignissen und zu der Rolle des Fernsehens, jenes scheinöffentlichen Raums, in dem die Ereignisse verhandelt werden, Stellung bezogen. Seine Positionen, so eine These der ersten große Schau nach Vostells Tod im April 1998, sind noch immer aktuell.

Tatsächlich tönen ja im Hintergrund die Stimmen der Nachrichtensprecher, die Neuigkeiten von den Nato-Bombardements und von den Flüchtlingen aus dem Kosovo verlesen. Gleichzeitig aber benennt der Raum, in dem das Schlauchboot steht, auch jenen Bruch, der allmählich alle politischen Positionierungen in ein neues Gefüge und somit in Frage gestellt hat: die Auflösung des Ostblocks, exemplarisch festgehalten von Vostell in seinen Arbeiten zum Mauerfall. Die Nachrichten vom aktuellen Krieg, die in der deutschen Öffentlichkeit keine solch klaren Anti-Kriegs-Statements provozieren wie es noch der Golfkrieg tat, kommen aus den TV-Geräten des wandfüllenden…


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