Heinz-Norbert Jocks
Julian Schnabel
»Polaroids«
NRW-Forum, Düsseldorf, 30.5.-11.7.2010
Seine großformatigen Polaroids wirken, als platzten sie aus einer anderen Zeit mitten in die unsrige. Dabei sind sie jetzt und heute entstanden, folglich zeitgenössisch, dabei von poetischer Stille. Angesichts seiner eigentümlichen Art und Weise, die Welt durch das Auge der Kamera wahrzunehmen, das Gefühl, hier rebelliert jemand gegen den ewigen Aktualitäts- und Neuheitswahn. Es geht Julian Schnabel offensichtlich nicht darum, dass etwas möglichst jung und frisch wirkt, so als wäre es noch nie da oder in der Welt gewesen. Im Gegenteil haftet dem, was er zur Erscheinung bringt, die Aura der letztlich unwiederbringlichen Vergangenheit an. Es handelt sich um den Versuch, sich dessen zu vergewissern, was einst war, vor dem Hintergrund dessen, dass mit der Zeit alles vergeht. Der Wunsch nach Dauer erweist sich als eine unkonkrete Utopie im Hinblick auf die Bilder von Menschen, die auf den Fotos noch präsent, obwohl sie schon tot sind. Darunter sein Vater, der zwei Jahre nach dem Tod der Mutter 2004 an Krebs verstarb, und sein Freund Tucker Geery. Das Fotografieren ist in den Augen von Schnabel eine Form der Bejahung des Lebens sowie ein zwar aussichtsloser, aber dennoch geführter Kampf gegen das Verschwinden und Vergessen. Ein absurder Amoklauf gegen die absolute Auslöschung. Ja, ein vehementer Versuch, das Sein doch noch über das Nichts triumphieren zu lassen. Auch sein Film „The Diving Bell and the Butterfly“, den er im französischen Berck-sur-Mer drehte, als sein Vater schwer erkrankt war, stellt eine intensive Auseinandersetzung mit dem…