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Magazin: Publikationen · von Maribel Königer · S. 433 - 433
Magazin: Publikationen , 1994

Kunst als Soziologie, Soziologie als Kunst

Hans Haacke und Pierre Bourdieu kennen sich seit den achziger Jahren und schätzen einander sehr. In einem jüngst in Frankreich erschienenen Buch (“Libre-Echange”, Seuil/les presses du réel, 1994) haben sie im Jahr 1991 geführte, mehrmals überarbeitete Gespräche veröffentlicht. Kunst und Soziologie, so erfährt man, sind eigentlich nur zwei verschiedene Mündungen ein und desselben Gewehrlaufs, denn sie zielen, richtig angewandt, auf die gleichen Feinde: die neokonservative Kritik, das internationale Sponsorentum, die Verschwörung der Medien, die demagogischen Bildschirm-Philosophen, aber auch auf die reinen Ästheten, kurz auf all jene, die man durch das immer unschärfer werdende Visier einer marxistischen Gesellschaftskritik gerade noch erkennen kann.

Als Leitfaden der Konversation, in der der Biennalepreisträger Haacke den Ton angibt, der Collège de France-Professor Bourdieu hingegen vielfach nur Stichworte und Affirmationen beisteuert (Bourdieu zu Haacke: “Sie liefern den Beweis, daß ein einzelner Mensch ungeheure Wirkungen hervorrufen kann …”), dienen jüngere Arbeiten von Hans Haacke. Vielfach stellt sich im Buch jedoch die Frage, ob die beiden Gerechten in ihrem Kampf gegen das Kapital und die Neokonservativen (die von der französischen Linken mit der Abkürzung “Neocons” bedacht werden, was soviel wie Neoarschlöcher bedeutet) über subtilere argumentative Waffen verfügen als ihre Gegner. So attackiert Haacke bei den “Neocons” (Kennzeichen: rassistisch, antisemitisch, autoritär), diesen angestammten Verhinderern guter Kunst, ihr simpel gestricktes Schwarzweiß-Denken, die Praxis, gute und böse Künstler ein für allemal zu unterscheiden, mit Beobachtungen, die auch nicht gerade durch ihre Differenziertheit bestechen. Zu regelrechten Bietgefechten kommt es zwischen dem Wahl-New Yorker Haacke und dem Pariser Bourdieu…

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von Maribel Königer

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