Kunstflug
Das Geröllradio ist eine Antwort auf das Verschwinden der Mechanik im elektronischen Bereich. Die traditionelle Gestaltungsauffassung, technische Bauteile – die funktionale Kiste also – zu umhüllen, wurde durch die technische Entwicklung ad absurdum geführt. Die voluminöse Technik reduziert sich bei steigender Funktionalität auf ein Minimum, z. B. Mikrochips, und eröffnet uns neue gestalterische Spielräume. Die Form ist nicht mehr die Folge von Funktion und mechanischen Zwängen, sondern frei konzipierte Gestalt, Sinnbild für Lebensweisen. Das technische Gerät wandelt sich zur dienenden Plastik. Der Wechsel von den mechanistischen Gestaltungselementen zu elektronischen, der schwimmende Übergang zwischen Soft- und Hardware, das ganze mechanistische Gestaltungsrepertoire verliert an Bedeutung. Die Elektronik verringert die Hardware auf winzige Partikel. Die absurde Verhüllung wird abgeworfen, Ätherwellen wiegen Platinen über tönendem Gestein. Die elektroakustische Masse verbleibt als Designrelikt des mechanischen Zeitalters.
Ein Solargenerator betreibt das Radio draußen vor der Tür, leise klirrt das “Metallschiff’ bei Sendestille. Allerdings: Die Verringerung ist partiell. Während sich z. B. bei tragbaren Rundfunkgeräten Empfänger und Verstärker auf nur eine rechteckige Platine reduzieren, vergrößern sich heute – bei gesteigertem Klangqualitätsbewußtsein – die Lautsprecher. Darüber hinaus lassen sich Bedienungselemente, elektromechanische Antriebe, der Griff zum Tragen und die Standfläche zum Stellen nicht grenzenlos verringern. Es verflüchtigt sich nicht das gesamte Gerät, es verflüchtigen sich nur Teile davon. Bei dieser Ungleichzeitigkeit stehen voluminöse elektromechanische Antriebe und Lautsprecher auf der einen Seite und auf der anderen Seite kaum noch vorhandene Empfangs- und Verstärkerteile einander gegenüber, das reicht aus, um das historische Muster des tragbaren Rundfunkgerätes zu verändern. Ein kollektives Zeichen wird…