Künstlerbücher
Die Sammlung
Hamburger Kunsthalle 01.12.2017 – 02.04.2018
von Rainer Unruh
Ganz so weit, wie es der Titel eines Werks von John Baldessari vermuten lässt, geht die Ausstellung nun doch nicht in die Geschichte zurück: Das Buch „Brutus Killed Caesar“, 1976 in Akron, Ohio, publiziert, besteht, vom Titel abgesehen, nur aus Schwarzweißfotos. Der Künstler hat jeweils drei nebeneinander angeordnet, gemäß dem Subjekt-Prädikat-Objekt-Schema der englischen Sprache. Die Seite, die aufgeschlagen ist, zeigt links und rechts die Köpfe zweier Männer im Profil, Durchschnittsamerikaner, keine antiken Römer, und dazwischen ein Messer. Ehe man sich’s versieht, hat man schon eine kleine Geschichte im Kopf, mit einem Mörder, einem Opfer und einer Tatwaffe.
Baldessari schlägt eine Reihe von Themen an, die viele Künstler der Ausstellung beschäftigen. Wie verhalten sich Wort und Schrift zueinander, gibt es eine eigene visuelle Grammatik, was ist eigentlich ein Buch? Die beiden Kuratorinnen Petra Roettig und Andrea Joosten beginnen ihren Parcours durch die Geschichte des Künstlerbuchs mit der Minimal- und Konzeptkunst. Das klassische livre d’artiste, in kleiner Auflage für wohlhabende Sammler konzipiert, kommt in der Schau nicht vor. Es passt nicht in das leitende Interesse der Ausstellungsmacherinnen, das eher auf formale Innovation und die Auslotung von Grenzen gerichtet ist und nicht auf Traditionen. Und schon gar nicht auf hohe Preise, kann man als Besucher doch sogar ein Freiexemplar einer Broschüre von Ulises Carrión mit nach Hause nehmen, die zusammen mit anderen Publikationen des Materialverlags der Hamburger Hochschule für bildende Künste ausgestellt wird. Hinzu kommt: Die Ausstellung wurde mit Werken aus der rund 1700 Publikationen umfassenden Künstlerbüchersammlung…