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Ausstellungen: Basel/Berlin · von Stephan Berg · S. 382 - 383
Ausstellungen: Basel/Berlin , 1991

Stephan Berg
Rosemarie Trockel

»Papierarbeiten»
Museum für Gegenwartskunst, Basel, 24.3. – 17.6.1991

Neuer Berliner Kunstverein, Berlin, 28.6. – 3.8.1991

Anläßlich eines Interviews mit diesem Magazin im Frühjahr 1988 hatte Rosemarie Trockel ein aufschlußreiches Portraitphoto zur Abbildung geschickt: eine Profilaufnahme ihres Gesichts, mit Kajal-Stift zu einer En-face-Studie eines halb melancholischen, halb spöttischen jungen Mannes mit Schnurrbart ergänzt. Das war und ist mehr als nur ein “androgyner Scherz”, es ist die Visualisierung einer künstlerischen Haltung, der es um die Verwandlung des Vertrauten, scheinbar Eindeutigen, in die Mehrdeutigkeit schillernd ambivalenter Sinnbezüge geht. Diese Grundhaltung hat die knapp 40jährige Kölnerin freilich nie daran gehindert, in ihrer Kunst klare, durchaus auf gesellschaftspolitische Veränderung zielende Positionen zu beziehen. Gerade ihre Strickbilder, die Rosemarie Trockel in den 80er Jahren berühmt gemacht haben, sind dafür ein gutes Beispiel.

In ihnen untersucht sie, aus einer dezidiert feministischen Perspektive heraus, wie und ob sich das Klischee der kulturellen Minderwertigkeit von als typisch weiblich geltenden Materialien und Fertigkeiten wie Wolle und Stricken überwinden läßt, “wenn der handwerkliche Aspekt aus dem ganzen Komplex herausfällt, wenn das Strickmuster vom Computer gesteuert entsteht”.

Nur auf diesen Bedeutungshorizont festlegen lassen sich diese Bilder freilich nicht: Sie sind darüber hinaus in ihrer seriellen Verwendung von inhaltlich hochbeladenen Motiven wie beispielsweise Hammer und Sichel immer auch Auseinandersetzungen mit der Frage, wie innerhalb unserer extrem beschleunigten post-industriellen Gesellschaft jeder Inhalt dazu tendiert, zum Logo, zum leeren, rein ornamentalen Muster zu werden, das dann allerdings, befreit von allen vorherigen Sinnzuschreibungen, selbst wieder Symbolcharakter bekommen kann.

Das Moment der Verwandlung spielt auch eine zentrale Rolle in…



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