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Monografie · S. 93 - 107
Monografie , 1983

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von Eugen Gomringer

Zu den Befreiungen, welche die Kunst seit den Fünfzigerjahren erfahren hat, als sie sich vom mehr oder weniger kleinformatigen Tafelbild löste, um auf verschiedenen Wegen den Raum in der Darstellung wirksam werden zu lassen, gehört die Ausweitung auf die reale menschliche Umgebung: auf Erdreich und Landschaft, aber auch auf das gebaute Haus und seine Wände, verstanden als künstlerisch veränderbare Substanz. In der Regel sind jedoch gerade in letzterer Beziehung Grenzen gegeben, so daß einzelne Fälle von Veränderungen an Häusern berühmte Fälle werden konnten. Tatsächlich empfindet man die meist unumgängliche Beschränkung in Form starrer Wände zwar geeignet zum Vorzeigen bzw. Hängen von geeigneten Bildern, aber ebenso oft stellt sich unwillkürlich das Gefühl einer Beengung, künstlerischem Streben sich widersetzenden Mauern ein. Kunst sollte sich doch ihre Grenzen selbst setzen dürfen – und natürlich auch können. Die Möglichkeit, Mauern als Mauerwerk zu erleben und andere, sie als solches Mauerwerk erleben zu lassen, wird den Künstlern wenig eingeräumt.

Aber es stellen sich auch Glücksfälle ein. Ein solcher ist dann gegeben, wenn ein Haus – oder gar ein Museumsbau – Künstlern zur Verfügung steht und diese davon Gebrauch zu machen verstehen; ein Haus oder ein Museumsbau vor dem Abriß. Einen Glücksfall schuf 1981 das Kunstmuseum Bern, das sich einer größeren Zahl von Künstlern zur Verfügung stellte. Die Ausstellung nannte sich sinngemäß “Vor dem Abbruch” – die Abbruch-Situation allerdings wurde nicht von allen Beteiligten in ganzer Tragweite erfaßt. Anders im Fall, der hier beschrieben werden soll. Es kann vorweggenommen werden, daß das Zurverfügungstellen, die Auswahl…

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