Vom theatrum sacrum bis Toontown
von Christoph Asendorf
Spielweiten partizipativer Strategien – Künstlerische Interventionen, die auf Teilhabe und Involvierung des Publikums setzen, sind keineswegs eine Erfindung der Nachkriegsmoderne.
Erste groß angelegte Partizipationsunternehmungen der Neuzeit datieren in die Zeit der Gegenreformation – und ihre Filiationen reichen bis in die Gegenwart.
I. Frühneuzeitliche Experimentalanordnungen: Die Jesuiten
1. Kirchenbau und Künste.
Mit der globalen Expansion, die sehr schnell nach der päpstlichen Anerkennung 1540 einsetzte, schärfte der Jesuitenorden auch seine ästhetischen Wirkungsmittel. Die Vermutung liegt nahe, daß es einen Zusammenhang zwischen beidem gibt. Das prinzipell ortsunabhängige Wirken des Ordens erforderte so übertragbare wie leistungsfähige Vemittlungsstrategien. Zentraler Ausgangspunkt war stets das Tridentinum; die Jesuiten entwickelten vielfältig effektive Verfahren, um die Beschlüsse des gegenreformatorischen Konzils in kirchliche Praxis umzusetzen. Grundsätzlich war die tridentinische Kultur sinnlich geprägt, insbesondere bilderfreundlich und darüberhinaus zum Einsatz aller nur denkbaren Vergegenwärtigungsmittel geneigt; über Verfahren, eine transzendente Welt so konkret wie möglich zu imaginieren, sollte der Glauben und damit die Bindung des Gläubigen an die katholische Kirche gestärkt werden. Das stand im Gegensatz zur Haltung der reformatorischen Bewegungen, die es – in allerdings in verschiedenen Graden – ablehnten, die Glaubenshoffnungen der Menschen zu versinnlichen.
Unter den jesuitisch (um)geprägen Künsten ist zunächst die Architektur zu nennen. Kirchenbauten sollten keine neutralen Hüllen sein, sondern auf Wirkungsmächtigkeit hin konzipiert werden, sowohl in Hinsicht auf ihre äußere Umgebung wie auch nach innen hin. Mit dem Bau von Il Gesù, seiner auf den Eingang hin fokussierten Fassade und dem großen lichten Innenraum, der die Rezeptions- und Partzipationsbedingungen in Richtung auf ungestörte Sicht- und…