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Ausstellungen: München · S. 336 - 339
Ausstellungen: München , 1984

Brief aus München
Gibt es eine Freiheit von Geschichte?

Wer erinnert sich nicht – in Gedanken noch gähnend und aufbegehrend – an das wöchentlich zu lernende Geschichtspensum seiner Schulzeit: Zahlen, Kriege, Feldherren und vor allem Herrscher. Wann hat sich dieses leere Grundgerüst mit Leben gefüllt?

Auch in der Kunst(geschichte) ist es nicht anders. Wer fühlt sich schon von ihr geprägt? Gerade in der Malerei der letzten Jahre wird eine Geschichtslosigkeit erprobt, die die Kunst früherer Zeit nur noch als ein Angebot zur Selbstbedienung versteht. Hierzu paßt die große Vorliebe für Trödel. Ob ich mir Klamotten aus den 50er Jahren besorge, mir die Haare in der Mode der Nazizeit scheren lasse oder in mein Bild ein Picassozitat aufnehme, immer sind es nur die leeren Hüllen, die ich mir ausleihe. Kunst und Leben geraten so in eine enge Verbindung, die dann letzten Endes zu einer einzigen Theaterinszenierung verschmilzt. Ein Trend, der so neu nicht ist, wie er scheint. Wir brauchen nur an DADA zu denken.

Auch formale Anleihen aus anderen inhaltlichen Bereichen gab es schon früher. Wenn wir die Zapfsäule von AGIP aus der Frühzeit des Automobils ansehen, dann erinnert sie nicht von ungefähr an eine Monstranz: Der plastisch durchgearbeitete runde Fuß trägt das technische Hauptstück in einem gläsernen Gehäuse zur Schau, das vom Firmenzeichen bekrönt wird. Dieses blau-weiße Prachtstück schmückt derzeit den Vorraum der wiedereröffneten Neuen Sammlung, dem Museum für angewandte Kunst des Bayrischen Staates. Es ist Teil der Donation AGIP, die die Weiterentwicklung der mechanischen Zapfsäule zur elektromechanischen und elektronischen aufzeigt. Zum erstenmal,…


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