Carmen Herrera
Lines of Sight
K 20 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen 02.12.2017 – 08.04.2018
von Ann-Katrin Günzel
Obgleich Carmen Herrera, geboren 1915 in Havanna, Kuba, zu den Pionierinnen der geometrischen Abstraktion in Amerika zählt, kennt man sie kaum, denn sie wurde Jahrzehnte lang von Kunstkritik und Kunstmarkt ignoriert. Nicht ausgeschlossen, dass diese Tatsache darin begründet liegt, dass sie eine Frau ist, auch wenn Kolleginnen wie Sonia Delaunay oder Sophie Taeuber-Arp – Vorbilder Herreras – als Künstlerinnen Eingang in die Kunstgeschichtsschreibung gefunden haben. In der männlich dominierten Kunstwelt Amerikas hatte die Kubanerin mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, ernstgenommen und akzeptiert zu werden. Ihre Werke wurden oft auf „Latin Art“ reduziert und selbst von der Galeristin Rose Fried, die ihre Arbeiten sehr schätzte, erhielt sie eine Absage, so dass die Künstlerin erst mit 89 Jahren ihr erstes Bild verkauft hat, obwohl sie kontinuierlich gemalt und einen eigenen, prägenden Stil entwickelt hat. Jetzt hat sie in Düsseldorf im K20 eine erste umfassende Retrospektive ihres Werkes erhalten, wo zurzeit 72 ihrer Arbeiten ausgestellt sind. Betrachtet man Herreras Biografie, so spannt sich ein Bogen über ein Jahrhundert von Havanna über New York nach Paris und zurück nach New York, wo die 102-jährige Künstlerin noch heute lebt und arbeitet. Nach ihrem Architekturstudium in Kuba zog sie 1939 zunächst mit ihrem Mann Jesse Loewenthal nach New York, 1947 dann gemeinsam mit ihm nach Paris. In Frankreich nahm sie aktiv am Künstlerleben teil, lernte sowohl Künstlerkollegen aus den USA wie Elsworth Kelly und Robert Rauschenberg kennen,…