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Ausstellungen: New York · S. 177 - 181
Ausstellungen: New York , 1983

Die Kontinentalverschiebung des Rituellen

Der österreichische Aktionismus, die existentialistische Kunst Arnulf Rainers, die kultischen Figuren und Gebilde Hans Holleins und Walter Pichlers – waren sie Straßen in unbewohntes Land? Lange schien es, als seien sie trotz ihrer Affinität zueinander und trotz ihres anarchischen, revolutionären Charakters dazu verurteilt, Einzelwege zu bleiben, Einzelwege, die in große Künstlerkarrieren mündeten, aber keine breite Bewegung lostraten wie beispielsweise die Kubisten oder wie Duchamps. Gewiß kamen Fluxus, Happening, Performance aus der gleichen rituellen Gasse. Aber in Amerika – und auch in Deutschland – entwickelten sich diese Bewegungen, deren Väter John Cage und Allan Kaprow sind, formeller, semantischer. Es ging um Strukturen und deren Zertrümmerung. Dada hieß der Wurzelgrund. Das Rituelle blieb in den USA – trotz der Ansätze bei Chris Burden, Charles Simonds, Gordon Matta Clark – fremd. Die Substanz jener österreichischen Kunst der 60er Jahre, jene Gepaartheit von Obsession und Freiheit, von Anarchie und Elitebewußtsein, von Rebellion und wahnwitziger künstlerischer Bemühung, jenes Kunstwollen, das die Wurzeln bloßlegt, blieb lange Zeit ohne Widerhall.

Auf einmal ist es nun da, an vielen Orten, in vielen Gewändern, auf einem anderen Kontinent: in New York, einer Stadt, die oberflächlich gesehen das Gegenteil von Wien ist – jung, dynamisch, fast geschichtslos. Im Windschatten der Jungen Wilden, die nach wie vor die schicken Galerien in der Soho und auf der 57. Straße dominieren, spielt sich Ungeheures ab: die wüsten, vernachlässigten Viertel der South Bronx und der Lower East Side werden zu den eigentlich lebendigen Schauplätzen. Aufregende Kunst wuchert an ungewöhnlichen Orten, eine Kunst,…

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