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Essay · S. 88 - 105
Essay , 1983

Kleine Phänographie subversiver Ausstellungspraxis

Das Realismusstudio der NGBK
von Barbara Straka und Udo Ropohl
Vorbemerkung

Angesichts der gegenwärtigen Kunstdiskussion mag es als Anachronismus erscheinen, das Reizwort “Realismus” wieder auf den Plan zu rufen. Die jüngste Renaissance realistischer Kunst scheint spätestens seit dem Ende der 70er Jahre vorüber; Künstler, Kunstmarkt und Kritiker haben sich ihrer in der schnellen Abfolge der Stile und Tendenzen entledigt gleich einer abgelegten Mode. Von den meinungsbildenden Akteuren der aktuellen Theoriediskussionen wird die realistische Kunst wie die Konzeptkunst als Teil der intellektualisierten, “kopforientierten” Inhaltskunst der sechziger und siebziger Jahre abgetan. In dieser Argumentation ist es dann nur folgerichtig, daß eine “neue Subjektivität” sich artikulierte, die nun dem einstigen Postulat einer objektiv-abbildhaften, gesellschaftskritischen und rational orientierten Kunst den Kampf ansagte, Kunstmarkt und Rezipienten, Mäzene und Ausstellungen zu erobern begann und seither in Erscheinungsbildern wie “Neo-Expressionismus”, “Heftige Malerei”, “Freie Figuration” “Transavantgarde” oder “New-Image-Painting” die westeuropäische und amerikanische Kunstentwicklung dominiert.

In ihrem kritischen Beitrag zur aktuellen Kunstszene Frankreichs hat Marie Luise Syring sehr treffend den oberflächlichen und reaktionären Charakter der gegenwärtig tonangebenden italienischen Kunstkritik um Achille Bonito Olivia skizziert, der im Namen der “Trans-Avantgarde” das kritische und antizipatorische Potential der künstlerischen Avantgarden zu liquidieren versucht:

“So wird heute eine Kunst in den Vordergrund des Interesses geschoben, die sich nicht mehr kritisch-provokativ, sondern eher verträumt und verwegen gibt. Eine Kunst, die angeblich beliebig über die Vergangenheit verfügt, sich die Geschichte zum Privatvergnügen hält, die lineare Evolution der Avantgarden unterminiert und alle vorausgegangenen Stile pervertiert. Dies alles zur unbegrenzten Ausdehnung des Ich … Es bleibt ja nicht…


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