Fluxus und mehr
Nam June Paik im Gespräch mit Dieter Daniels
Nam June Paik lebt in New York und ist Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf – für einen weltumspannend denkenden Künstler, der Satelliten-Live-Sendungen aus vier Kontinenten organisiert, ist Entfernung eine relative Sache. Wenn er sich in Deutschland aufhält, dient ihm seine Wohnung in Wiesbaden als Basislager. Hier fand das folgende Gespräch statt.
*
D.D.: Warum Wiesbaden, warum treffen wir uns heute hier in Wiesbaden?
N.J.P.: Das ist wegen Jean-Pierre Wilhelm.
Dass du eine Wohnung in Wiesbaden hast?
Nein, das ist wegen meiner Zuckerkrankheit, nicht wegen Fluxus.
Manche behaupten nämlich, du würdest immer noch wegen Fluxus in Wiesbaden wohnen.
Nein, nein, ich bin kein Sentimentalist. Ich habe 1977 entdeckt, dass ich Zucker habe. Deshalb war ich etwas zwiespältig, ob ich Professor werden sollte in Düsseldorf. Denn auf Dauer ist man besser in New York, um die Sachen zu machen, die ich mache. In den Medien ist die Konkurrenz sehr scharf. Wenn New York Times oder Time Magazine – es gibt ja eigentlich nur diese zwei wichtigen Zeitschriften -, wenn die sich entscheiden, etwas über dich zu bringen, weil es in ihre Pläne passt, wenn du dann nicht da bist, rufen sie einfach den nächsten an. In New York weisst du nie, was als nächstes passiert, die Mediawelt verändert sich dort sehr abrupt. Vom einen auf den anderen Tag kann es sein, dass du dran bist, und darum musst du immer in der Mitte der Matrix sein.Natürlich brauchte ich Geld, 1977 bis 1978. Doch schliesslich – man verhungert nicht wirklich….