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Monografie · von Doris von Drathen · S. 276 - 289
Monografie , 1991

Hirsch Perlman

Ästhetik des Fehlers
Von Doris von Drathen

Eine ganz gewöhnliche Szene in einem Restaurant: Ein Mann nimmt mit dem üblichen “Darf ich mich setzen?” an einem Tisch Platz, wo ihn ein fremdes Gegenüber freundlich begrüßt. Es entwickelt sich schnell ein Gespräch, man tauscht sogar Namen aus. Mitten im Satz aber steht das Gegenüber auf, entschuldigt sich für einen kurzen Moment. Und plötzlich wird aus der ganz gewöhnlichen Szene ein Alptraum: An den Platz zurück kommt eine Person, die der Mann vorher nie gesehen hat. Er will protestieren, der Platz sei besetzt, aber die Person läßt sich gar nicht stören, greift nach dem Besteck, nach dem Glas, ißt, trinkt weiter und nimmt auch noch das Gespräch an demselben Punkt auf, wo der andere es unterbrochen hatte, spricht den Mann mit Namen an, betonend, wie nett das doch sei, im Restaurant unkompliziert ins Gespräch zu kommen. Der Mann wird irre, weiß sich nicht zu helfen in seiner Verwirrung, verläßt schließlich, außer sich, das Restaurant.

So leicht ist die Realität aus den Angeln zu heben – die TV-Serie “Hidden Camera” spielte den Streich. International hatte diese Sendung wohl deshalb so großen Erfolg, weil eigentlich jeder dieses Gefühl kennt, wenn sich plötzlich die Realität auflöst und man, nur weil an einer Straßenecke das gewohnte Geschäft auf einmal fehlt oder im Terminkalender der falsche Tag aufgeschlagen ist, glaubt, seinem Bewußtsein nicht mehr trauen zu können.

Wie aber, wenn das Amüsement über jenes Phänomen einer fragilen Realität umschlägt in die ernstliche Untersuchung der Frage, an welche Autoritäten denn…


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von Doris von Drathen

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