Maurizio Cattelan
Ich bin es immer selbst, selbst wenn ich es nicht bin!
oder der Abschied als Künstler
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
Maurizio Cattelan, obwohl weltberühmt, ist auf der inhaltlichen Ebene vielleicht einer der unterschätztesten Künstler unserer Tage. Nun hat er mit einer verwirrenden Retrospektive unter dem Titel „All“ im Solomon Guggenheim Museum seinen Abschied als Künstler zelebriert, indem er all seine Werke, 128 an der Zahl, zu einem einzigen Mobile frei nach Alexander Calder zusammenfügte. Dadurch unterwandert er die Autorität des Museums als Institution. Es ist die unerträgliche Leichtigkeit des Seins, mit der wir hier humorvoll konfrontiert werden. Dass der 51jährige Italiener aus Padua mit Wohnsitz in New York, von der Kritik oft als Marionette des Kunstmarktes abgetan, ein Künstler ist, hinter dessen subversivem Lachen sich die Haltung eines Mannes verbirgt, der die Welt und das Leben auf seine Weise befragt, wird in dem Gespräch deutlich, das Heinz-Norbert Jocks mit ihm führte. Statt sich zur Ruhe zu setzen, geht er andere Wege.
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Heinz-Norbert Jocks: Am Anfang unseres Gesprächs wüsste ich gerne, wieso du erst relativ spät Künstler geworden bist? Zudem: Was hast du zuvor gemacht? Und: Wie bist du aufgewachsen?
MAURIZIO CATTELAN: Als ich in den späten 1980er anfing, meine Arbeiten auszustellen, dachte ich eine Zeitlang darüber nach, ob es nicht ratsam gewesen wäre, wenn ich zuvor eine formale Kunstausbildung absolviert hätte, aber ich gelangte schnell zu der Überzeugung, dass eine frühere Einführung in diese Welt nicht unbedingt von Vorteil gewesen wäre. Übrigens reagierten viele von den alten Hasen geradezu…