vorheriger
Artikel
nächster
Artikel
Titel: Redefreiheit · von Florian Waldvogel · S. 106 - 119
Titel: Redefreiheit , 2012

Florian Waldvogel
Zärtliche Begegnungen

Ich möchte anhand von verschiedenen Projekten die Wechselbeziehungen von Theorie und Praxis und ihren unterschiedlichen Orten unter den politischen, sozialen und institutionellen Bedingungen skizzieren. Kunst und Theorie sind in meinem Verständnis beides Praxisformen. Seminare, Workshops, Diskussionen etc. sind mikropolitische Praxisformen mit hohen Theorieanteilen genauso wie eine anspruchsvolle Ausstellung zeitgenössischer Kunst. Ein sich ständig verändernder Kunstbegriff und seine historischen Bezüge in ihrer Verschränkung mit gesellschaftspolitischen Diskursen erfordern sowohl eine kontinuierliche Neubestimmung tradierter Konstellationen zwischen KünstlerIn – VermittlerIn – und Publikum als auch eine Auseinandersetzung mit neuen Praxisfeldern. Um eingespielten gesellschaftlichen Hegemonien entgegenzuwirken, ist eine kritische Auseinandersetzung mit denjenigen politischen, sozialen und medialen Bedingungen notwendig, die Kunstbegriffe und Kunstpraktiken wesentlich prägen. Was allerdings oft, wenn man nicht konfliktscheu ist, zur Folge hat, dass inhaltliche Meinungsverschiedenheiten juristisch gelöst werden müssen.

bürgersteig

2001 wurde ich von der BHF-Bank-Stiftung eingeladen, eine Ausstellung als Abschiedsgeschenk des scheidenden Städelschule-Direktors Kasper König zu kuratieren. Ich habe sieben KünstlerInnen eingeladen, unter anderem Silke Wagner mit ihrem Projekt bürgersteig. Hierfür wurde ein Bus neu lackiert und mit dem blauen Schriftzug „Lufttransa Deportation Class“ versehen. Farbe und Design wurden dem Aussehen von offiziellen Lufthansa-Shuttle-Fahrzeugen angepasst. Bei Aktionen mit dem Bus wurde über die Abschiebeflüge die mit Lufthansa Maschinen durchgeführt werden informiert und dagegen protestiert. Zwischen 30.000 und 35.000 Menschen werden jährlich aus Deutschland abgeschoben. Mehr als ein Drittel davon, der sogenannten Deportees, müssen von Frankfurt aus fliegen. Die Vielzahl der Direktverbindungen dieses größten deutschen Flughafens schlägt auch bei den Abschiebezahlen zu Buche: Frankfurt ist seit Jahren Spitzenreiter beim Transport unfreiwilliger…


Kostenfrei anmelden und weiterlesen:

  • 3 Artikel aus dem Archiv und regelmäßig viele weitere Artikel kostenfrei lesen
  • Den KUNSTFORUM-Newsletter erhalten: Artikelempfehlungen, wöchentlichen Kunstnachrichten, besonderen Angeboten uvm, jederzeit abbestellbar
  • Exklusive Merklisten-Funktion nutzen
  • dauerhaft kostenfrei

von Florian Waldvogel

Weitere Artikel dieses/r Autors*in