Kerry James Marshall
Mastry
The Met Breuer, New York 25.10.2016 – 29.01.2017
von Magdalena Kröner
Kerry James Marshall war 25, als er „A Portrait of the Artist as a Shadow of His Former Self“ malte. Alles was von dem Dargestellten in der dichten Schraffur aus Schwarz in Schwarz zu erkennen war, waren seine weißen Zähne, das Weiß seiner Augäpfel und das Weiß seines Hemdes, die aus dem Bildgrund leuchten. Diese bitterböse Karikatur zeigte keine Person, sondern ein Enigma, eine Leerstelle, einen Schatten. Das kleine Gemälde machte den 1955 in den amerikanischen Südstaaten geborenen Künstler bekannt, der von da an alle seine Protagonisten radikal schwarz malte, auch wenn diese im Lauf der Jahre immer modulierter und komplexer wurden.
In Gesprächen bezieht sich Kerry James Marshall immer wieder auf den Begriff künstlerischer Meisterschaft, die, in der altmodischen Schreibweise „Mastry“, nun auch den Titel für seine bislang größte Retrospektive mit Stationen in Chicago, New York und Los Angeles bildet. Die Idee der meisterlichen Beherrschung des Handwerks bildet den Antrieb für Marshalls geradezu enzyklopädische Beschäftigung mit Epochen und Genres. Sein Ziel ist eine systematische Durchdringung westlicher Kunstgeschichte: herauszufinden, wie die Besten ihrer Zunft, von der Renaissance bis in die Moderne, es gemacht haben, um es ihnen gleichzutun. Nichts Geringeres ist das lebenslange Projekt dieses Malers: dafür zu sorgen, dass Afroamerikaner in den von weißen Künstlern und weißen Protagonisten bestimmten Kanon der Kunstgeschichte aufgenommen werden und zugleich zu versuchen, diesen Kanon über das Bestehende hinaus zu erweitern. „Im Pantheon der Alten Meister gibt es keine schwarzen…
