Titel: 53. Biennale Venedig · von Susanne Boecker
Titel: 53. Biennale Venedig , 2009

53. BIENNALE VENEDIG: Länderpavillons
Ungarn: Péter Forgács – Col Tempo – The W. Project

Kurator: András Rényi / Ort: Giardini

Péter Forgács – “Col Tempo” – The W. Project

Was projizieren wir – automatisch und aufgrund unserer kulturellen Konditionierung – in den Anderen? Welche visuellen Stereotypen und Vorurteile sind am Werk, wenn wir einen anderen Menschen anblicken? Welche Macht und Dominanz üben wir unweigerlich aus, wenn wir auf das Bild eines Menschen schauen? Diesen Fragen geht Péter Forgács in einer aufwändigen Installation im ungarischen Pavillon auf den Grund. Im ersten der insgesamt sieben Ausstellungsbereiche stoßen wir auf alte Bekannte: Rembrandt und eine Greisin, die wir auch schon mal gesehen haben – „Die Alte“, um 1500 von Giorgione gemalt und heute zum musealen Bestand der Accademia gehörend. Rembrandts Selbstbildnis ist allerdings verwirrend: in der filmischen Animation von Péter Forgács verschmelzen verschiedene Selbstdarstellungen unmerklich miteinander. In beiden Fällen haben wir es mit anerkannten Werken der Kunstgeschichte zu tun, für deren Wahrnehmung andere Regeln gelten als beispielsweise für fotografische Aufnahmen des 20. Jahrhunderts oder andere Blick-Begegnungen mit einem menschlichen Antlitz.
In den folgenden Räumen lotet Forgács die Konditionierung unseres Blicks aus und konfrontiert uns mit zahllosen anonymen Gesichtern. Die Bilder stammen aus einem Wiener Archiv, das der österreichische Anthropologe Dr. Josef Wastl zwischen 1939 und 1943 für wissenschaftliche Zwecke angelegt hat. Die Fotos und Filme sind durch die Struktur der Frontal- und Seitenansichten sowie die Bewegungen zwischen beiden streng standardisiert. Zwei Jahre lang hat Forgács in dem Archiv recherchiert und Bilder von Kriegsgefangenen, Juden vor ihrer Deportation,…


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