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Fragen zur Zeit · von Michael Hübl · S. 40 - 45
Fragen zur Zeit ,

Fragen zur Zeit
Wege der Pandämonie

Von Aids über die Gewöhnung an Restriktionen bis zu Queens Schwanengesang
Michael Hübl

Wembley, das Stadion. Aus der Vogelperspektive. Am 13. Juli 1985. Kamerabestückte Drohnen waren damals allenfalls in Militärkreisen bekannt. Aber als Bryan Singer seinen Film „Bohemian Rhapsody“ (2018) drehte, wurden die flugtauglichen Observationsapparate bereits als Konsumgüter gehandelt, griffen Fotografen, Kameraleute und Regisseure gerne auf sie zurück. Für Singer kein Thema, denn das alte Wembley war längst abgerissen, und wurde nun für die kurze Sequenz digital rekonstruiert. Die Botschaft ist gleichwohl eindeutig. Schaut her, seht selbst aus übergeordneter, also objektiver Warte: Hier sind Zehntausende dicht an dicht versammelt, um das „Live Aid“-Konzert zu erleben. Und sie werden sich von Freddie Mercury, Lead-Sänger der Gruppe Queen, entzünden, entrücken, verzücken lassen. Zoom in die Menge, die fröhlich hüpft, klatscht, sich führen und verführen lässt von dem quecksilbernden Derwisch auf der Bühne: „All we hear is radio ga ga / radio goo goo / radio ga ga.“

Eine Szene wie ein Rückblick in eine sinnenfrohe Vorvorvergangenheit und aus heutiger Sicht ziemlich bedeutungsgeladen. Da ist zunächst das Sozialereignis Masse. Wird es nach dem Schock durch die Sars-CoV-2-Pandemie noch Großveranstaltungen geben, bei denen sich Gleichgesinnte distanzlos ihrem Lebensgefühl überlassen? Und um die Frage gleich auf den Kunstbetrieb zu projizieren: Werden, falls 2021 die 59. Ausgabe der Biennale di Venezia wie geplant stattfindet, wieder wie zwei Jahre zuvor 600.000 Besucherinnen und Besucher1 die diversen Schauplätze aufsuchen? Werden Museumsleute, Künstlerinnen, Galeristen, Sammlerinnen, Kritiker und Adabeis auf die Vaporetti drängen, um eingepfercht mit anderen…

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