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Titel: Parasitäre Paradoxa · von Anna Watkins Fisher · S. 58 - 65
Titel: Parasitäre Paradoxa ,

Anmerkungen zu einer Theorie des parasitären Widerstands

von Anna Watkins Fisher

Welche Formen des künstlerischen Widerstands sind im 21. Jahrhundert noch möglich, wenn Protest leicht vereinnahmt und zur Ware gemacht werden kann? Formen der Anti-Establishment-Kunst und -Kritik werden seit langem als profitable Marketingstrategien von Unternehmen genutzt, indem sie Störungen fetischisieren, Dissens zu Slogans machen und so von einer Verbindung mit radikaler Politik profitieren, ohne diese in ihre Geschäftsmodelle zu übernehmen. Diese Dynamik hat sich aufgrund einer rasanten Weiterentwicklung von Marktlogiken sowie digitaler Überwachung in den letzten Jahrzehnten verschärft. Einst funktionierende Strategien des Widerstands, die mit Avantgardekunst und -politiken des späten 20. Jahrhunderts in Verbindung gebracht wurden, erscheinen zunehmend nicht nur unwirksam, sondern auch kontraproduktiv. Ein denkwürdiges Beispiel für diese Entwicklung stellt der spektakuläre Akt des Selbstvandalismus von Banksy im Jahr 2018 dar, als der Streetart-Künstler einen Mechanismus aktivierte, der eines seiner Gemälde zerstörte, kurz nachdem es bei Sotheby’s für einen Rekordpreis erworben worden war [01]. Die Selbstzerstörung steigerte ironischerweise jedoch nur den kommerziellen Wert des Werks und erfreute genau jene Kunstkritiker*innen, gegen die das Werk sich gerichtet hatte. Eine ähnliche Dynamik zeigt sich, wenn Proteste gegen rechtsextreme Ideologien diesen mehr Medienaufmerksamkeit verschaffen.1

Noch heimtückischer ist, dass das boomende Geschäft mit Mining2 und die Überwachung sozialer Medien die Verfolgung von Protesten erheblich erleichtert hat.3
So setzen Strafverfolgungsbehörden, Militär und Geheimdienste auf der ganzen Welt routinemäßig auf Firmen wie Dataminr, Geofeedia, PATHAR und TransVoyant, um Massenproteste in Echtzeit vorherzusagen und zu unterbinden.

Der Begriff des ‚Parasitären‘ lässt an Insekten, Bakterien und Viren denken. Hier aber beschreibt er…

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von Anna Watkins Fisher

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