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Titel: Parasitäre Paradoxa · von Irina Hiebert Grun · S. 136 - 145
Titel: Parasitäre Paradoxa ,

„Em torno do vírus de grupo“

Das NBP-Projekt von Ricardo Basbaum
im Kontext kollektiver parasitärer Praktiken

von Irina Hiebert Grun

Antropofagia und parasitäre Kunst

Seit den 1980er-Jahren wird der biologische Begriff des Parasitären im Rahmen kultureller Diskurse als Denkmodell genutzt, um interventionistische Kunstpraxen zu beschreiben. In Anlehnung an die Überlegungen Michel Serres’, dem zufolge der Parasit durch sein Eindringen den Zustand eines Systems schrittweise verändern und destabilisieren kann,1 erweist sich der Begriff auch als produktiv, um die subversive, sozial engagierte Kunstpraxis zu beschreiben, die sich während der repressiven, zwischen 1964 und 1985 andauernden Militärdiktatur in Brasilien entwickelte. Nicht selten wendeten die Künstler*innen Strategien an, die als typisch parasitär gelten, indem sie Nischen im herrschenden System fanden, in die sie ihre Kunstwerke einschleusten, um so einen Widerstand und eine kreative Veränderung anzustoßen. Die seit Ende der 1950er Jahre in Brasilien immer wichtiger werdende direkte Beteiligung der Rezipient*innen am Kunstprozess spielt hierbei eine zentrale Rolle und verdeutlicht, in welcher Weise parasitäre Kunst eine kollektive Praxis darstellen kann, die nicht nur auf individuelles Überleben fokussiert ist.

der Parasit schleust eine neue Information in das System ein, bringt es in Fluss und überführt es in eine neue prozesshafte Erfahrung

Hélio Oiticica begann bereits 1964, als das Militär an die Macht gelangte, verstärkt im öffentlichen Raum zu arbeiten und seine Kunst als gesellschaftliches Projekt zu positionieren. Mit seinen Parangolés entwarf er farbenfrohe, aus Abfallmaterialien der Konsumkultur hergestellte und mit politischen Statements versehene Umhänge, die im Rahmen kollektiver Tanz-Performances durch Bewohner*innen von Favelas getragen wurden. [01]2 Diese neue, außerhalb des Museumsraumes stattfindende und…

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von Irina Hiebert Grun

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