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Gespräche mit Künstler*innen · von Michael Stoeber · S. 180 - 191
Gespräche mit Künstler*innen ,

Birgit Dieker

Körper und Geist
Ein Gespräch von Michael Stoeber

Der erste Käufer, der ein Werk von Birgit Dieker erwarb, war Michel Würthle, der kürzlich verstorbene Chef der Berliner Paris Bar. Selbst Künstler und Freund von Künstlerinnen und Künstlern liebte er es, seine Erwerbungen den Gästen seiner Bar zu präsentieren. Die Reklame hätte für die Kunst der 1969 im westfälischen Genscher geborenen Dieker nicht besser sein können. Das Werk, das Würthle mit sicherem Blick für sich ausgesucht hatte, ist ein Hymnus auf weibliche Formen à la Rubens. Aus Kalbsleder liebevoll und präzise bis ins letzte Detail gefertigt, erinnern die üppigen Rundungen von Weiberspeck (1996) an ein Körperideal, dem man in Mittelalter und Barock durch üppige Polsterungen der Kleider Nachdruck zu verleihen suchte. Bereits in dieser frühen, von der Decke hängenden Plastik der Künstlerin wird deutlich, wie sehr der Körper – es ist in ihrem Werk beinahe immer der weibliche – und seine vielfältigen Repräsentationen Birgit Dieker beschäftigen. Er steht im Zentrum ihres Schaffens. Wobei ihr daran gelegen ist, zusammen mit seiner halb abstrakten, halb gegenständlichen und nicht selten grotesken Darstellung stets auch seine seelischen Zustände und Befindlichkeiten zum Ausdruck zu bringen.

Wenn sie im Äußeren das Innere ihrer Protagonistinnen zu gestalten sucht, nutzt sie häufig Dispositive der Fragmentierung und Verfremdung. Sie verbinden sich mit der Metamorphose, um Figuren und Objekte zu schaffen, die am großen unvollendeten Projekt der Aufklärung und Emanzipation mitwirken. Dabei hat die Künstlerin durch die Wahl ihrer Materialien, allen voran gebrauchte Kleider und Textilien, zu einer unverwechselbaren Handschrift…


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