Matthias Reichelt
Die 73. Whitney Biennale
Mammut-Show in viel zu kleinen Räumen
Whitney Museum, New York City, 02.03. – 28.05.2006
Day for Night”. Was flüchtig an die entkoffeinierte Sorte einer bekannten Kaffeemarke klingt, ist in Wirklichkeit der englischen Titel von François Truffauts Film “Le Nuit americaine” und bezeichnet die Technik, Nachtszenen unter Verwendung bestimmter Filter bei Tageslicht zu drehen. Die beiden Kuratoren der diesjährigen Whitney Biennale, Chrissie Illes vom Whitney Museum und Philipe Vergne vom Walker Art Center in Minneapolis, versammelten unter dem Motto “Day for Night” Werke von weit über 100 Künstlern auf den dafür viel zu kleinen Etagen des Whitney Museums. Der kontrapunktische Ansatz des Mottos, dem auch noch das So-tun-als-ob, nämlich der Fake eingeschrieben ist, erlaubte den Kuratoren eine größtmögliche Bandbreite von Künstlern in einer Ausstellung zu versammeln. Da finden sich die spätestens seit den letzten beiden Documenten hoch im Kurs stehenden gesellschaftskritischen Ansätze in der Tradition von Aufklärung und Gegeninformation (The Center for Land Use Interpretation, Critical Art Ensemble, Deep Dish Television Network) genauso wie alle Spiel- und Stilarten der zeitgenössischen Kunst, von einem nahezu monochromen Gemälde Mark Grotjahns über filigrane, aber großformatige Aquarellzeichnungen von Jennie Smith bis hin zu einem streng schwarzweißen Fotozyklus von Robert Gober, der zwischen 1978 und 2000 entstanden ist. Gober machte seine Fotos auf seinen täglichen Fahrten von New York City zu seinem Studio auf Long Island. Ansichten von Autoschlangen, Stoßstangen, Autofonds, Dünen, Strand und wie zufällig hineingestreute Textpartikel über die Ermordung eines Schwulen und andere Zeichen oder Piktogramme sowie deutlich…