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Fragen zur Zeit · von Michael Hübl · S. 20 - 23
Fragen zur Zeit , 2015

Michael Hübl
Erschöpfte Übergrösse

Objekte und Installationen im XXL-Format, therapeutisches Malen, und über allem lastet der Terror von Paris

Die „Fragen zur Zeit“ waren fast fertig, ein paar kleine Korrekturen noch, und dann ab dafür. Da richteten Terroristen in der Redaktion der Pariser Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ ein Blutbad an. Den Essay deshalb verwerfen? Das hieße, nach der Pfeife von Mördern tanzen. Er wird also veröffentlicht wie geplant, nur minimal gekürzt, damit am Schluss Platz bleibt, um der geänderten Situation Rechnung zu tragen. Wobei Trauer das Hauptwort sein muss. Trauer, die jetzt ihren Schatten über einen Text wirft, der scheinbar unbeschwert beginnt:

Ein Mann, vor ihm eine rechteckige Fläche. Er ist kein Militärstratege, der einen Schlachtplan entwirft, kein Unternehmer, der Bilanzen prüft, kein Arzt, der eine Krankenakte studiert. Er sitzt einfach da und – malt. Wie oft ist dieses Motiv auf Leinwand festgehalten worden. Ein Akt früher medientheoretischer Selbstreflexion: Ich demonstriere, mit welchen Mitteln und unter welchen Umständen ich meine Bilder produziere. Oft waren diese Offenlegungen der eigenen künstlerischen Praxis unterfüttert mit zusätzlichen Botschaften; sie sollten etwa den Anspruch auf erhöhte gesellschaftliche Anerkennung bekräftigen oder die Authentizität der Entstehung eines Bildes unterstreichen. In der Romantik schimmert in den Darstellungen des Malvorgangs eine Aura des Utopischen auf, der Sehnsucht nach einer anderen, besseren, heilen Welt, die dann im Biedermeier zum blumigen Idyll schrumpft. Dieses prototypische Image hat vielfach noch Bestand, und sei es als Klischee. Oder es kehrt in modifizierter Form dorthin zurück: Im Herbst 2014 platzierte die dänische Tageszeitung ‚Politiken‘ an den Anfang ihres…


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