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Titel: Prozent Kunst · von Christoph Doswald · S. 110 - 115
Titel: Prozent Kunst , 2012

Christoph Doswald
Flankierende Maßnahmen, emotionale Kampagnen

Beobachtungen zum Werk „Mae West“ von Rita McBride u.a.

Vor neun Jahren, 2003, gewann die US-amerikanische Künstlerin Rita McBride einen Wettbewerb für die Gestaltung des Effnerplatzes in München-Bogenhausen. Ziel der Ausschreibung war es, der ausdruckslosen Kulisse des Verkehrsknotenpunktes eine weit sichtbare Identität zu verleihen. McBrides Entwurf mit dem Namen „Tower“ wurde von einer kompetenten Fachjury beurteilt und setzte sich gegen namhafte Konkurrenz durch – Dennis Oppenheim, Thomas Schütte, Gelitin, Jorge Pardo, uam. „Tower“ ist eine 52 Meter hohe Hyperboloidkonstruktion aus 32 Kunststoffrohren, die mit Kohlestofffaser verstärkt wurde. Weil sich nach dem Jury-Entscheid großer Widerstand gegen das Kunstwerk regte und zahlreiche politische, technische wie mediale Meinungsbildungsverfahren nötig waren, stand das Projekt ständig auf der Kippe. Und es dauerte unüblich lange, bis die monumentale Skulptur endlich realisiert werden konnte.

Re-Branding als „Ablenkungsmanöver“ um …

Als das Werk am 30. Januar 2011 dann endlich der Öffentlichkeit übergeben werden konnte, ging damit ein langwieriger Prozess zu Ende, dessen positiver Ausgang lange Zeit ungewiss war. Im Rückblick wohl matchentscheidend für den Erfolg des Projektes war letztlich eine simple Kommunikationsmaßnahme: die Umbenennung des Kunstwerkes vom sachlichen „Tower“ zur emotionalisierten „Mae West“ – ein wesentlicher Namens-Transfer vom Sächlichen zum Weiblichen, vom Indifferenten zum Storyverdächtigen. Die Künstlerin selbst bezeichnet das Re-Branding als „Ablenkungsmanöver“1, mit dem die technischen, finanziellen und politischen Fragen in den Hintergrund gerückt werden sollten. Allerdings beließ es McBride nicht beim bloßen Auswechseln des Namens; sie intiierte eine ganze Reihe von flankierenden Maßnahmen, die den bereits aus der Filmgeschichte stark emotionalisierten Begriff „Mae West“…


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von Christoph Doswald

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