Gabriela Oberkofler / Miron Schmückle
Theoria Cum Praxi – motivische und methodische Symbiosen
von Kirsten Claudia Voigt
Symbiogenetische Forschung geht unter anderem den Fragen nach, inwiefern neue Pflanzen aus Symbiosen entstehen und damit zu „Endosymbionten“ werden, die nicht mehr ohne einander leben können, oder inwiefern Symbiosen verschiedene Pflanzen resilienter im Bezug auf den Klimawandel, die Veränderung der Ökosphäre machen können. Ohne züchtenden Eingriff in das Genmaterial könnten symbiogenetische Koexistenzen die Anpassungsfähigkeit von Organismen an veränderte Lebensbedingungen erhöhen.
Langfristig gleichberechtigter Austausch nährt, minimiert Stress und lässt Neues entstehen – das lehrt die Natur die Kunst seit langem. Schmarotzertum zehrt und zerstört. Untersuchungen mit Schneckenklee und Mykorrhizapilzen lassen zum Beispiel annehmen, dass es bei klugen Operationen mit Symbionten gelingen könnte, den zukünftigen Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft zu minimieren.1
Mikro-Divisionismus
Gabriela Oberkofler befasst sich grundlegend mit solchen und ähnlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen für ihre künstlerische Auseinandersetzung mit Flora und Fauna. Mykorrhizapilze, die sie zum Motiv ihrer Zeichnungen macht, besiedeln das Feinwurzelsystem von Pflanzen und leben mit ihnen in einer mutualistischen – also für beide Partner vorteilhaften, dem Nährstoffaustausch dienenden – Symbiose. Nesselseide hingegen, ein einjähriges, wurzel- und blattloses Rankgewächs, gilt als Vollschmarotzer, dessen mit Wind und Wasser reisende Samenkapseln vom möglichen Wirt durch chemische Botenstoffe angezogen werden. [01] Gelegentlich saugt sie ihren Wirt parasitär bis zur Neige aus, gelegentlich kommt es aber zwischen Wirt und Schmarotzer auch zu einem gegenseitigen Genaustausch.