Claudia Posca
Lügen.nirgends
»Zwischen Fiktion, Dokumentation und Wirklichkeit«
Ausstellungshalle zeitgenössische Kunst Münster, 12.1. – 30.3.2008
Kaum in die Raumflucht zur Ausstellungshalle eingetreten, überfällt den Besucher hinterrücks Stimmengemurmel. Überraschend entlarvt sich die Attacke als ein in der Ecke lehnender, weiblicher Life-size-Dummy in Gestalt einer schwarz gekleideten Frau, die Chinesisch spricht. Erst auf den zweiten Blick wird klar, dass es sich um eine täuschend echt gestylte Puppe handelt. Illusion und Täuschung gehen Hand in Hand. Und zwar so vertrackt, dass die vermeintliche Realität eine tatsächliche Konstruktion ist, ausgestattet zudem mit den auto-portraithaften Zügen der Künstlerin. Darüber hinaus bezieht sich die Arbeit auf das literarische Vorbild des Bestsellers „Shanghai Baby“ der Chinesin Wei Hui, was wiederum aus der Fiktion eine, wenn auch gebrochene Illustration mit möglicherweise dokumentarischem Charakter macht.
Mit „Fake Female Artist Life (F.F.A.L) Madonna“ führt Mathilde ter Heijne mitten hinein ins Thema der Münsteraner Ausstellung „Lügen.nirgends.“ Zwischen Fiktion, Wirklichkeit und Dokumentation stellt die von Ausstellungsleiterin Gail Kirkpatrick zusammen mit den zwei Gastkuratorinnen Susanne Düchting und Julia Wirxel gestemmte Schau die „Rhetorik der Glaubwürdigkeit“ von Bildern unterschiedlichster medialer Herkunft auf den Prüfstand. Und beteiligt sich damit vehement an einer kulturpolitischen Diskussion faustischer Dimension. Zunehmend schließlich geraten im wirklichen Leben fingierte Text-Dokumente einerseits, Bildfälschungen und -manipulationen andererseits in den öffentlichen Fokus. Was denn überhaupt noch dokumentarischen Charakter hat, wenn allumfassend Wirklichkeitsverhältnisse konstruiert werden – diese Frage hat den Glauben an Authentizität, an Wahrheit, Faktizität und Original erschüttert. „Lügen. Nirgends“ reflektiert die Verunsicherung „nah dran“: „Die fließenden Grenzen zwischen Authentizität und Fiktion werden sichtbar… Die Kunstwerke führen…